Novemberpogrom 1938

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Linz reicht bis ins Hochmittelalter zurück. Zunehmende Repressionen führten zum Erlöschen der ersten jüdischen Gemeinde von Linz Ende des Mittelalters. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte unter dem Eindruck der josephinischen Toleranzgesetzgebung und des 1849 gewährten Niederlassungsrechts für Juden in den Ländern der Monarchie eine neuerliche Ansiedlung von Jüdinnen und Juden in Linz. Im Jahr 1870 wurde die israelitische Kultus-Gemeinde Linz-Urfahr gegründet, 1877 die Synagoge in der Bethlehemstraße eingeweiht.

Zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ lebten in Linz bei einer Gesamtbevölkerung von 80.000 Personen 600 Jüdinnen und Juden. Auf Grundlage der nationalsozialistischen Rassenideologie wurden sie als rassisch „minderwertig“ klassifiziert. Juden hatten daher in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft ebenso wenig Platz wie politische Oppositionelle, ethnische Minderheiten oder Behinderte. Der Rassenantisemitismus wurde im nationalsozialistischen Regime zur Staatsdoktrin erhoben.

Für die Linzer Jüdinnen und Juden hatte der 12. März 1938 weitreichende Konsequenzen. Die im Deutschen Reich geltende antijüdische Gesetzgebung wurde nun auch auf Österreich erstreckt. Durch die Einführung der sogenannten „Nürnberger Gesetze“ vom September 1935 wurden die österreichischen Juden ihrer bürgerlichen Rechte beraubt. Gleichzeitig kam es zu materiellen Enteignungen („Arisierungen“) von jüdischen Betrieben (Kaufhaus Kraus & Schober, Spirituosenfabrik Spitz usw.) sowie zu ersten Verhaftungswellen. Im Mai 1938 wurden die jüdischen Pflichtschülerinnen und Pflichtschüler aus den öffentlichen und privaten Schulen in Linz zwangsweise entfernt; ihnen stand fortan nur noch eine eigens geschaffene „Judenschule“ offen.

Das Vorgehen der Nationalsozialisten gegen Jüdinnen und Juden setzte neben der schrittweisen Entrechtung, Ausplünderung und Verdrängung auf legistischem Wege auf staatlich gelenkte Gewaltmaßnahmen. Vom 9. auf den 10. November 1938 fanden im gesamten Deutschen Reich vom NS-Regime organisierte und gelenkte Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung, deren Geschäfte, Wohnungen und konfessionelle Einrichtungen statt – so auch in Linz. Hier wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. November die Synagoge in der Bethlehemstraße in Brand gesteckt und vollständig zerstört. Die Pogromnacht war der Auftakt für eine Eskalation der Gewalt gegen Juden, die schließlich die Zielsetzung der physischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas („Endlösung der Judenfrage“) verfolgte.

 9. November 1938 - Brand in der Linzer Synagoge.

Brand in der Linzer Synagoge 9. November 1938

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