Linz im Nationalsozialismus - Ideologie und Realität
Die Ausstellung des Archivs der Stadt Linz präsentiert mit den Abschnitten „Manipulation und Selektion“, „Patenstadt des Führers“ sowie „Alltag und Krieg“ verschiedene Aspekte der NS-Diktatur in Linz. Ein besonderes Ziel der Ausstellung ist es, den Zusammenhang zwischen Ausgrenzung und Verfolgung bestimmter Einzelpersonen und Gruppen mit den scheinbar positiven Maßnahmen für andere herzustellen.
Im Anschluss einige Bilder und ein Video von der 2007 veranstalteten Ausstellung.
Manipulation und Selektion
Die NS-Propaganda zeichnete das Bild einer Gesellschaft, in der die starren politischen und sozialen Schranken überschritten werden konnten. Nach der nationalsozialistischen Logik konnte die ideale „Volksgemeinschaft“ nur mit der totalen Eliminierung von Gruppen, die als „Volksfeinde“ gebrandmarkt wurden, erreicht werden. Die Stadt Linz war ein Spiegelbild dieser von Rassismus und Antisemitismus geprägten Volksgemeinschaft.
"Führerkult" anlässlich des Geburtstags von Hitler 1938. Die blinde Begeisterung für die Versprechen der neuen Machthaber lässt sich zum Teil durch die Hoffnung der Menschen auf eine bessere Zukunft erklären. Tatsächlich konnten angepasste "Volksgenossen" durchaus von NS-System profitieren.
Die Nationalsozialisten fotografierten den Kaufmann Ernst Samuely (Bildmitte) hinter Gittern, um ihn als Kriminellen zu brandmarken. Der alleinige Grund seiner Festnahme war jedoch der Umstand, dass er Jude war. Samuely fiel dem Holocaust zum Opfer.
Inszenierung der NS-Volksgemeinschaft auf dem Hauptplatz am 11. Dezember 1938: Öffentliches Eintopfessen in Verbindung mit einer Sammlung des Winterhilfswerkes.
Auf Schloss Hartheim bei Alkoven wurde "Euthanasie" an Menschen betrieben, die in der Diktion der NS-Volksgesundheitslehre als "lebensunwert" eingestuft waren. Zwischen 1940 und 1944 wurden in Hartheim an die 30.000 Menschen in der Gaskammer ermordet.
Versammlung von Angehörigen des Bundes Deutscher Mädel (BDM). Die Teilorganisation der Hitlerjugend hatte zum Ziel, die Mädchen auf ihre künftige Rolle als Mutter in der nationalsozialistischen Gesellschaft vorzubereiten.
Patenstadt des Führers
Der Einmarsch deutscher Truppen am 12. März 1938 traf in Österreich auf keinen Widerstand. Menschenmassen jubelten den deutschen Soldaten zu. Hitler trat noch am selben Tag seine Triumphfahrt von seiner Geburtsstadt Braunau aus nach Wien an. In Linz sprach er erstmals zu den begeisterten Menschen. Erst hier entschloss er sich angesichts des überschwappenden Jubels und der zurückhaltenden Reaktionen des Auslands, den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich sofort und vollständig zu vollziehen. In seiner Rede vom Rathausbalkon herab betonte er die Verbundenheit mit der Stadt seiner Jugend. Er übernahm die Patenschaft über Linz und versprach Investitionen des Reichs. Von den gigantischen Neubauplänen wurden nur wenige realisiert. Der Verlauf des von Hitler entfesselten Weltkriegs besiegelte schließlich auch das Schicksal der „Führerstadt“ Linz. In 22 Luftangriffen kamen über 1600 Menschen ums Leben, die meisten Gebäude wurden beschädigt oder zerstört.
Modell des Linzer Brückenkopfes. Die Nibelungenbrücke und die beiden Finanzgebäude waren neben dem Wasserstraßenamt (heute Heinrich-Gleißner-Haus) die einzigen tatsächlich umgesetzten Planungen der monumentalen NS-Donauuferverbauung.
Die Nibelungenbrücke war ein Musterbeispiel unkoordinierter Stadtplanung. In den Hauptplatz wurde eine breite Schneise geschlagen, ohne dass die Fortführung des Durchzugsverkehrs gelöst war. Im Vordergrund wird die stromabwärts gelegene alte Eisenbrücke bereits abgetragen (1940).
Geplantes Donauhotel und die tatsächlich errichteten Finanzgebäude. Das Gebäude rechts im Hintergrund sollte am südlichen Ende des Hauptplatzes erbaut werden.
Bombenruine in der Gärtnerstraße. Rund 20.000 Linzerinnen und Linzer verloren ihre Wohnungen durch die Bombenangriffe.
Im Süden des Stadtzentrums sollten an der Prachtstraße "Unter den Lauben" zahlreiche Kulturbauten, darunter das sogenannte "Führermuseum", eine "Führerbibliothek" sowie Theater und Galerien entstehen.
Nur durch den Einsatz von sogenannten "Fremdarbeitern", das waren KZ-Häftlinge, zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene, konnten die neuen Großbetriebe sowie andere Wirtschaftunternehmen betrieben werden.
Alltag und Krieg
Das politische Verständnis und die Herrschaftstechnik der Nationalsozialisten beruhten wesentlich auf Propaganda und Massenmobilisierung. Kundgebungen und Appelle, Massenaufmärsche und Feierstunden zielten darauf ab, die Bedürfnisse nach Identität und sozialer Gemeinschaft zu befriedigen. Eine auf Zeichen und Rituale beruhende Kommunikation zwischen den NS-Führern und dem Volk sollte letzterem die Illusion einer Teilhabe an der Macht vermitteln. Massenveranstaltungen mit Fahnen, Fackeln und vielen Uniformen bildeten ein Gesamterlebnis – heute würde man von „Event“ sprechen –, dem sich nur wenige „Volksgenossen“ zu entziehen vermochten. Doch mit Kriegsbeginn hatten auch jene, die dem Regime aus Begeisterung oder aus erzwungener Loyalität gedient hatten, unter den Folgen nationalsozialistischer Politik zu leiden.
Linzerinnen und Linzer vor dem Rathaus bei Hitlers Ankunft am 12. März 1938.
Kriegsgefangene russische Soldaten beim Arbeitseinsatz an der Kapuzinerstraße.
Bomben gegen England: NS-Propaganda-Ausstellung am Südbahnhofgelände
Linz war aufgrund der Rüstungsbetriebe und Verkehrsanlagen seit Juli 1944 ein bevorzugtes Ziel alliierter Bombenangriffe. Bei den Luftangriffen kamen etwa 1.600 Zivilpersonen ums Leben.
Flakgeschütz auf dem Dach des Finanzgebäudes Ost. Die Effizienz der Fliegerabwehr gegen die amerikanischen Bomber blieb allerdings sehr beschränkt.
Luftschutzstollen an der Schweizerhausgasse (1943). Aus Propagandagründen wurden die Bauarbeiten für den Luftschutz erst sehr spät in Angriff genommen. Die vorhandenen Schutzräume blieben im Verhältnis zur Bevölkerungszahl völlig unzureichend.
Video Linz im Nationalsozialismus - Ideologie und Realität
Eine kritische Betrachtung der Zeit des Nationalsozialismus anhand von Original-Filmdokumenten.