Ausstellung Linz 1848-1918
Mit der Ausstellung „Linz 1848–1918“ dokumentiert das Archiv der Stadt Linz die Zeit zwischen der Revolution 1848 und dem Ende der Monarchie 1918 in Linz.
Die Ausstellung basiert auf dem Buch "Linz zwischen Revolution und Weltkrieg 1848 - 1918 (Linz-Bilder 1)".
Erhältlich im Buchhandel oder beim Archiv der Stadt Linz.
Zur Publikation "Linz zwischen Revolution und Weltkrieg 1848 - 1918 (Linz-Bilder 1)"
Politik
Die Entwicklungen in der langen Regierungszeit von Kaiser Franz Joseph waren wegbereitend für das 20. Jahrhundert. Es setzte ein langsamer Demokratisierungsprozess ein. Im Zuge der Revolution von 1848 forderte das wirtschaftlich erstarkte Bürgertum größere politische Mitspracherechte. Seit 1849 war die Donaumonarchie eine konstitutionelle Monarchie. Von einer Demokratie im heutigen Sinn war man trotz Verfassung aber noch weit entfernt.
So wurde das Wahlrecht zunächst jenen zuteil, die eine hohe Steuerleistung erbrachten. Nach und nach wurde dieser Zensus herabgesetzt und mehrere Wählerklassen wurden eingeführt. Die Entwicklung der politischen Parteien geht gleichfalls auf diese Zeit zurück. Gegen Ende der Monarchie waren fast alle männlichen österreichischen Staatsbürger wahlberechtigt – die Frauen blieben jedoch ausgeschlossen. Die Gemeinde als Grundfeste des freien Staates war eine der bleibenden Errungenschaften der Revolution von 1848.
Linz blieb schon während des Revolutionsjahres 1848 von blutigen Ausschreitungen wie in Wien verschont. Nach der Ankündigung einer Verfassung überbrachte eine Linzer Delegation eine Dankesadresse an Kaiser Ferdinand.
Kaiser Franz Josef (hier mit Bischof Franz Maria Doppelbauer) bei einem seiner Besuche in Linz am 9. Juni 1903. Kaiserbesuche waren bei der Bevölkerung beliebte Großereignisse.
Gruppenfoto der Teilnehmer an der Eingemeindungsfeier in St. Peter am 2. Jänner 1915. Das Linzer Gemeindegebiet vergrößerte sich bis 1919 um die ehemals selbstständigen Ortschaften Lustenau, Waldegg, St. Peter und Pöstlingberg.
Demonstration vor dem Landhaus für Wahlrechtsreformen (November 1905). Weite Teile der Bevölkerung, vor allem die Frauen, blieben bis Ende der Monarchie von der politischen Mitbestimmung ausgeschlossen.
Stadtentwicklung
Mit den verkehrstechnischen Errungenschaften wandelte sich das Stadtbild von Linz stark. Am markantesten ist wohl der Schmidtordurchbruch, der ab 1862 eine direkte Verbindung zwischen Landstraße und Hauptplatz herstellte. Die Donaubrücke wurde 1872 nach dem Einsturz der alten Holzbrücke in einer Eisenkonstruktion neu gebaut. Entlang der Landstraße und in Urfahr wurden zahlreiche Regulierungsarbeiten vorgenommen. Parks und Grünanlagen entstanden, neue Stadtteile wie das Neustadtviertel wurden planmäßig angelegt.
Trotz Baubooms bestand zwischen Bevölkerungswachstum und Wohnbau eine große Diskrepanz. Vor allem bei der ärmeren Bevölkerungsschicht waren die Wohnverhältnisse meist trist. Einzelne Unternehmen errichteten Arbeiterwohnhäuser für ihre Belegschaft, um auf diese Weise qualifizierte Arbeitskräfte im Betrieb zu halten. Der große Wohnungsmangel konnte jedoch dadurch nicht behoben werden.
Blick von der Donau Richtung Südwesten 1927. Im Vordergrund der Donauumschlagplatz und die Donaulände.
Die Linzer Donaulände mit der Holzbrücke von oberhalb des Schlosses Hagen aus gesehen. Die Aufnahme entstand vor dem Einsturz der Brücke.
Der Taubenmarkt um 1860. Das Schmidtor bot nur eine enge, winkelige Passage zum Hauptplatz hin. Ab 1861 begannen Regulierungsarbeiten.
Seit 1870 erfolgte die Neugestaltung der Nordseite des Platzes. Das Vielguthaus wurde abgebrochen und das Platzniveau zur neuen Eisengitterbrücke hin angehoben. An der Nordwestseite entstand das Sparkassengebäude.
Die 1899/1900 errichtete Guglvilla auf dem Bauernberg. Ab 1907 war sie im Besitz des Industriellen Ludwig Hatschek, 1972 wurde sie abgerissen.
1862 wurde der Grundstein für den Bau des Neuen Doms gelegt. Der Turm wurde 1886 begonnen und 1901 vollendet. Mit dem Bau des Langhauses begann man erst 1902.
Ein Blick auf die damals noch nicht zum Stadtgebiet von Linz gehörende Gemeinde Ebelsberg.
Trotz der Textilindustrie präsentiert sich der Ortskern von Kleinmünchen um 1900 noch bäuerlich-dörflich. Im Vordergrund die 1930 abgetragene alte Pfarrkirche. im Hintergrund die 1905/06 errichtete neue Pfarrkirche.
Wirtschaft
Auch wenn die Industrialisierung in Linz nicht mit der in anderen Industrieregionen Europas zu vergleichen ist, so etablierten sich doch einige Großbetriebe, die eine führende Stellung einnahmen. Erste Ansätze zur Industrialisierung im Linzer Raum gingen von der Textilindustrie aus. Mit seinen Textilfabriken entwickelte sich Kleinmünchen seit 1832 zum Zentrum der Baumwollindustrie des Landes.
Doch auch bedeutende Eisen verarbeitende Unternehmen wie die Schiffswerft (1840), die Eisenbahnwerkstätte (1858) und die Lokomotivfabrik Krauss & Comp. (1880) siedelten sich in Linz an. Als Beispiele für Gründungen der Nahrungs- und Genussmittelindustrie können die Tabakfabrik (1850), die Poschacher Brauerei (1854) sowie die Zichorienkaffee-Fabrik Franck (1879) genannt werden.
Der 300 Meter lange Linzer Umschlagskai mit seinen vier Lagerhäusern musste der Errichtung des Hochwasserschutzdammes nach dem Hochwasser 1954 weichen.
Die im 18. Jahrhundert gegründete Wollzeugfabrik konnte mit der Industrialisierung nicht Schritt halten und musste im Jahr 1850 geschlossen werden. Das Gebäude wurde dann als Kaserne und Tabakfabrik verwendet.
Gruppenbild der Händler- und Fabrikantenfamilie Haas im Jahr 1910. In der zweiten Reihe: Zweiter von rechts: Eduard Haas II. (1864-1914), ganz rechts: Eduard Haas III. (1897-1986).
Beamte der Verzehrsteuer im Jahr 1914. Diese Steuer wurde von 1829 bis 1921 von allen in die Stadt hereingebrachten Lebens- und Genussmittel eingehoben und verteuerte somit die Lebensmittel in Linz beträchtlich.
Aus einer kleinen Brauerei in Lustenau entwickelte Josef Poschacher ab 1854 ein bedeutendes Linzer Brauunternehmen. Vor dem Ersten Weltkrieg präsentierte sich die "Poschacher Brauerei Linz AG" mit 300 Beschäftigten als Großbetrieb.
Die 1869 gegründete Bank für Oberösterreich und Salzburg am Hauptplatz. Das Bild zeigt das Bankgebäude um 1900, das später durch einen repräsentativen Neubau ersetzt wurde.
Ab 1858 wurden regelmäßig Volksfeste abgehalten. Standort waren seit 1861 die Lehenbauerngründe (heutiger Hessenplatz), später dann - wie hier im Bild 1903 - das Südbahnhofgelände.
Dampfmaschinen revolutionierten die Arbeitswelt. Sie wurden auch in der Ziegelei des Petrinums eingesetzt (um 1913).
Infrastruktur
Auf die Stadt kam eine Reihe neuer Aufgaben hinzu: die gesamte Sozialverwaltung, die Schulträgerschaft, der kommunale Wohnbau und die Leistungsverwaltung im engeren Sinn. Unter Letzterer sind die Gesamtheit städtischer Wirtschaftsbetriebe und die „Städtetechnik“ zu verstehen. Das Städtewachstum stellte die Kommunen vor große hygienische Probleme.
Ausgangspunkt waren epidemisch auftretende Krankheiten wie Cholera, Typhus und Tuberkulose, die auch Linz nicht verschonten. Dem damaligen medizinischen Wissensstand folgend wurden ein Abwassersystem und zentrale Wasserleitungen als notwendig erkannt. Ein wesentlicher Schwerpunkt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lag daher besonders auf dem Kanal- und Wasserleitungsbau.
Daneben zählten die Gasversorgung und später die Elektrizität zu den Innovationen im Rahmen der Städtetechnik. Die Errichtung des Gaswerkes in Linz im Jahr 1857 diente primär der öffentlichen Beleuchtung. Der elektrische Strom dagegen war Antriebsquelle für die Straßenbahn. Auch hier befand sich Linz durchaus im Spitzenfeld der Monarchie.
Der Bevölkerungszuwachs verlangte einerseits neue Schulbauten und andererseits einen Ausbau der Armenpflege. Kasernen sollten Sicherheit auch nach innen garantieren. Ein städtisches Polizeiamt übernahm ab 1866 das Melde- und Passwesen. Mit dem Bau des Allgemeinen Krankenhauses ab 1863 und der Gründung einer freiwilligen Feuerwehr im Jahr 1866 wurde die städtische Infrastruktur weiter ausgebaut.
Die zum 50-jährigen Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs I. 1898 errichtete Jubiläumsschule an der Figulystraße. Das Bevölkerungswachstum der Stadt erforderte mehrere Schulneubauten.
Der erste Bau des Allgemeinen Krankenhauses wurde in den Jahren 1863 bis 1865 errichtet. Links ist die Krankenhausstraße erkennbar.
Mit dem Pavillonsystem und einem neuen Operationshaus im Allgemeinen Krankenhaus (1904) war man auf dem damaligen medizinischen Standard.
Die alte k.k. Landwehr-Infanterie-Kaserne an der Garnisonstraße. Östlich der Stadt entstand an der Derfflinger- und Garnisonstraße ein eigenes Kasernenviertel mit der Landwehrkaserne, einer Artilleriekaserne und einem Garnisonsspital.
Noch vor dem Ersten Weltkrieg fuhr die Freiwillige Feuerwehr motorisiert zur Brandbekämpfung. Seit Ende des 19. Jahrhunderts waren der Freiwilligen Feuerwehr eine eigene Rettungsabteilung angegliedert.
Zu den Aufgaben der Stadt zählte auch der Betrieb von Schwimm- und Badeanstalten. Hier die Damenabteilung der Schwimmschule im Fabriksarm um 1880. Nach einem Hochwasser im Jahr 1890 wurde sie abgebrochen.
Verkehr
Große Fortschritte gab es auf dem Gebiet der Verkehrsentwicklung und der städtischen Infrastruktur. Linz entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Verkehrsknotenpunkte der k.u.k. Monarchie. Die Donauschifffahrt blieb weiterhin sehr wichtig. Allerdings kann die Ära Kaiser Franz Josephs als das Eisenbahnzeitalter schlechthin betrachtet werden: Von Linz aus nahm 1832 die erste Eisenbahn des Kontinents, die Pferdeeisenbahn nach Budweis, ihren Ausgang.
Der Bau der Kaiserin-Elisabeth-Bahn (Westbahn) verband Linz ab 1858 nicht nur mit der Hauptstadt, sondern auch mit dem internationalen Eisenbahnnetz.
Das Auseinanderbrechen der althergebrachten Einheit von Wohnung und Arbeitsplatz war eine Folge der Industrialisierung. Neue Wohngegenden wurden erschlossen. Daraus ergaben sich größere innerstädtische Verkehrsströme. Seit den 1880er Jahren wurden Straßenbahnen gebaut, die zunächst die Bahnhöfe miteinander verbanden. Der Bau der Pöstlingbergbahn im Jahr 1898 dagegen war bereits eher als touristische Attraktion gedacht. Wurden die Tramways zunächst von Pferden gezogen, hielt 1897 die Elektrizität als Antriebskraft Einzug. Linz war in diesem Punkt eine der innovativsten Städte der Monarchie.
Die alte Holzbrücke fiel mehrmals Eisstößen und Schiffsunglücken zum Opfer. 1868 beschloss man daher, die neue Brücke aus Eisen zu erbauen. 1872 wurde sie fertig gestellt.
Der Bahnhof Urfahr der 1888 eröffneten Mühlkreisbahn, mit der der Verkehr aus dem oberen Mühlviertel nach Linz gelenkt wurde.
Pferdefuhrwerke, Schubkarren und Handwagen prägen das Stadtbild bis zum Ersten Weltkrieg.
Die Endhaltestelle der Straßenbahn nach Kleinmünchen bei der Blumau.
Alltag
Die mit der Industrialisierung heraufbeschworenen sozialen Probleme blieben weitgehend ungelöst. Der technische Fortschritt verlangte einerseits eine höhere Qualifizierung, andererseits gab es durch die Technisierung mehr ungelernte Arbeitskräfte. Fabriksarbeit bedingte eine stärkere Sozialdisziplinierung im Hinblick auf die Pünktlichkeit. Arbeitszeit und Entlohnung in den Industriebetrieben waren stark branchenabhängig.
Zum Alltag gehörte aber nicht nur die Arbeit, sondern auch Fest und Freizeit. Seit der Biedermeierzeit gewann die „Spazierfreude“ und somit der Ausflug als Freizeitgestaltung an Bedeutung. Kaffee- und Gasthäuser waren allseits beliebte Treffpunkte, Turnen und sportliche Betätigung gewannen gegen Ende des 19. Jahrhunderts größere Bedeutung. Zahlreiche Musik- und Gesangsvereine spielten im gesellschaftlichen Leben der Stadt eine große Rolle.
Die alltäglichen Lebensumstände der Arbeiterschaft waren gekennzeichnet durch eine permanente Wohnungsmisere: Mit durchschnittlich 4,85 Personen pro Wohnung war in bestimmten Teilen der Stadt die Belagsdichte wesentlich höher als etwa in Graz oder Salzburg. Der Großteil der Wohnungen bot triste Verhältnisse: In mehr als 47 Prozent der einräumigen Wohnungen hausten um 1900 zwischen drei und fünf Menschen. Abort, Badezimmer oder auch eine Küche waren Seltenheiten.
Turnen und sportliche Betätigung gewannen Ende des 19. Jahrhunderts größere Bedeutung. Hier die Mitglieder des Rudervereins "Ister" vor ihrem Bootshaus 1896.
Alltag in Urfahr um 1900: Blick in den Hof des Hauses Hauptstraße 35 mit einem Hausbrunnen zur Wasserversorgung. Bedingt durch das starke Bevölkerungswachstum und mangelnde Wohnbautätigkeit waren die Wohnverhältnisse teilweise miserabel.
Die erste Klasse der Volksschule St. Magdalena im Schuljahr 1912/13.
Apotheker Sepp Melichar (links) in seinem "Giftgadern" an der Promenade war eine der zentralen Figuren des Linzer Gesellschaftslebens.
Das Fronleichnamfest 1915 fand unter starker militärischer Präsenz statt. Im hölzernen Pavillon steht der "Eiserne Wehrmann". Er diente zum Sammeln von Spenden für den Krieg.
Erster Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg war der erste totale Krieg in der Menschheitsgeschichte, die erste bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Industriemächten im Weltmaßstab. Besonders die fortgeschrittene Industrialisierung und Technisierung waren für die Veränderungen in der Art Kriegsführung sowie für die immensen Opferzahlen verantwortlich. Die Preissteigerungen während des Krieges waren enorm.
Politik und Verwaltung hatten kaum Erfahrungen mit Lebensmittelbewirtschaftung und Preisregulierung. So hinkten die Maßnahmen oft den Erfordernissen hinterher. In Linz sorgte die unregelmäßige und unzureichende Lebensmittelversorgung während der Kriegsjahre wiederholt für Unruhe in der Bevölkerung. Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen waren die Folge. Am Ende des Krieges war die österreichisch-ungarische Monarchie zerfallen. Erst in der Ersten Republik konnte die Linzer Gemeindevertretung nach demokratischen Prinzipien gewählt werden.
Litfaßsäule mit Kriegsmeldungen auf dem Franz-Josephs-Platz (Hauptplatz) im Jahr 1916.
Kriegsgefangene Russen bei der Straßenarbeit in Linz. Russen, Serben, später Italiener und Rumänen waren in den Lagern Katzenau und Wegscheid interniert.
Straßenbahnschaffnerinnen im Sommer 1915. Wegen der Kriegsdienstleistungen der Männer übten Frauen zunehmend Berufe aus, die ihnen zuvor meist verwehrt gewesen waren. Ende 1917 beschäftigte die Stadt 150 Frauen, das waren 25 % der städtischen Bediensteten.
Werbung für die Zeichnung der Kriegsanleihe im Volksgarten 1917. Finanziert wurde der Krieg neben dem Rückgriff auf die Geldreserven in erster Linie durch acht Kriegsanleihen.
Metallsammlungen wurden abgehalten, um dem Rohstoffmangel zu begegnen. Die Ablieferung der Kirchenglocken erfolgte ab dem Frühsommer 1915 vorerst freiwillig, später jedoch zwangsweise. Hier der Sammelplatz bei der Landwehrkaserne an der Derfflingerstraße im Jahr 1916.
Menschenschlange beim Anstellen um Lebensmittel. Die kriegsbedingte Lebensmittelknappheit zwang die Stadtverwaltung bereits 1915 zu ersten Rationierungen. Mit zunehmender Kriegsdauer häuften sich die Proteste und Streiks. Gegen Ende des Krieges ging es dabei auch um das Erreichen eines Friedenschlusses.
Demonstration auf dem Franz-Josephs-Platz (Hauptplatz) 1918 wegen einer Kürzung der Brotrationen.