Frauen Leben
Mit der Ausrufung der Republik am 12. November 1918 wurden mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Staats- und Regierungsform auch die Grundsätze des Wahlrechts für die konstituierende Nationalversammlung festgelegt. Darin fixierte man das Stimmrecht für alle Staatsbürger, ungeachtet ihres Geschlechts. Erstmalig wählen durften die Frauen dann bei der Wahl zur konstituierenden Nationalversammlung am 16. Februar 1919. Bereits im provisorischen Gemeinderat der Stadt Linz 1918 waren zwei Frauen vertreten, nach den ersten Gemeinderatswahlen im Mai 1919 erhöhte sich ihre Anzahl auf sieben (von insgesamt 60 Mandatarinnen und Mandataren). Zum Vergleich: Im oberösterreichischen Landtag war zunächst nur eine einzige weibliche Abgeordnete vertreten, die Sozialdemokratin Marie Beutlmayr.
Als politische Akteurinnen waren Frauen in der Umbruchszeit während und nach dem Ersten Weltkrieg deutlicher in Erscheinung getreten als zuvor. Die Streik- und Protestwellen aufgrund der desolaten Wirtschafts- und Versorgungslage wurden wesentlich von Frauen getragen. Schließlich kam den Frauen wegen der kriegsbedingten Abwesenheit vieler Männer eine zentrale Stellung im Wirtschafts- und Arbeitsleben zu: Sie übernahmen Tätigkeiten, die ihnen bislang verwehrt geblieben waren, und traten mit ihrer außerhäuslichen Arbeitsleistung stärker in die Öffentlichkeit. Außerdem oblag es primär den Frauen, mit der stark eingeschränkten Lebensmittelversorgung zurecht zu kommen. Wenn auch noch für lange Zeit das traditionelle Rollenverständnis vorherrschen sollte, so war doch die Selbstverständlichkeit der Präsenz von Frauen im öffentlichen Leben und vor allem auf der politischen Bühne eine Errungenschaft der Zwischenkriegszeit.
Warten auf die Ausgabe von Butter.
Zum nächsten Kapitel Wirtschaftliche Not