Umbruch 1918
Durch die militärische Niederlage Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg war der Zerfall der Habsburgermonarchie besiegelt. Am 21. Oktober 1918 konstituierte sich die „Provisorische Nationalversammlung Deutschösterreichs“ und legte den Grundstein für die am 12. November in Wien ausgerufene Republik (Deutsch-)Österreich.
In Linz vollzog sich der Umbruch 1918 als vielschichtiger Prozess. Prorepublikanische Kundgebungen wurden bereits vor dem 12. November 1918 abgehalten. So signalisierte etwa eine feierliche Kundgebung aller Parteien am Linzer Hauptplatz am 1. November 1918 ein deutliches Signal für den politischen Wandel. Gleichzeitig einigten sich die drei großen politischen Lager – Christlichsoziale, Deutschnationale und Sozialdemokraten – auf Landesebene über die Bildung einer Provisorischen Landesregierung und einer Provisorischen Landesversammlung, die am 2. bzw. am 18. November 1918 erstmals zusammentraten. Die Stellung der bisherigen politischen und sozialen Eliten wurde nachhaltig erschüttert.
Auf städtischer Ebene erfolgte nach einer Absprache der politischen Parteien die Neukonstituierung des Gemeinderates am 16. November 1918. Im neuen Gemeinderat behielten die Deutschnationalen vorerst die absolute Mehrheit. Bei der ersten demokratischen Gemeinderatswahl am 18. Mai 1919 errang jedoch die Sozialdemokratische Partei mit 55 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit, gefolgt von der Christlichsozialen Partei mit 28 Prozent. Die bis dahin politisch dominierenden Deutschnationalen wurden mit nicht einmal 17 Prozent marginalisiert.
Der Sozialdemokratie war es in Linz wie im übrigen Österreich gelungen, die revolutionäre Stimmung politisch zu kanalisieren. Der starke Einfluss der Arbeiter- und Soldatenräte in Linz wurde zurückgedrängt. Revolutionäre Manifestationen wie noch Ende Oktober 1918, als Arbeiter der Linzer Schiffswerft mit Hochrufen auf die russische Revolution durch die Stadt gezogen waren und Repräsentanten des alten Regimes auch körperlich attackiert hatten, konnten weitgehend unterbunden werden. Die sozialdemokratische Stadtverwaltung setzte konkrete kommunal- und sozialpolitische Maßnahmen, etwa im Bereich des Wohnungsbaus oder der städtischen Sozialfürsorge, die der unmittelbaren Verbesserung der Lebensverhältnisse der Linzer Bevölkerung dienen sollten. Dessen ungeachtet sorgten seit den Umbruchtagen 1918 vor allem die zum Teil bis 1921 reichenden gravierenden Engpässe in der Lebensmittelversorgung für Unruhe und Gewaltausbrüche, so etwa im Februar 1919, als sogar das Standrecht über Linz und Umgebung verhängt werden musste.
Brot-Demonstration auf dem Franz-Joseph-Platz (Hauptplatz).