Aspekte der administrativen Entnazifizierung in Vorarlberg

Autor: Wolfgang Weber

Dieser Beitrag zeigt auf, wie die administrativen Lösungsmöglichkeiten für die Durchführung der diversen NS-Gesetze im österreichischen Bundesland Vorarlberg zwischen 1945 und 1948 angewandt und welche Ziele seitens der Behörden damit verfolgt wurden. Im ersten Punkt wird die gesellschaftspolitische und strukturelle Ausgangslage in Vorarlberg bei Kriegsende 1945 und in den darauf folgenden Monaten des demokratischen Wiederaufbaues geschildert. Die Kenntnis der gesellschaftspolitischen und strukturellen Ausgangslage ist m. E. essentiell für ein Verständnis der historischen Prozesse der administrativen Entnazifizierung. Sie bildete den Rahmen, in dem die österreichische Nachkriegsgesellschaft die Auseinandersetzung mit ihrer NS-Vergangenheit wiederaufnahm. In zwei weiteren Punkten werden im Längsschnitt die summarischen Ergebnisse der Entnazifizierung nach dem Verbotsgesetz und dem Wirtschaftssäuberungsgesetz 1945 sowie nach dem Nationalsozialistengesetz 1947 erläutert. Anhand von Querschnitten über die Entnazifizierung in den freischaffenden Berufen, in den Gesundheitsberufen sowie im öffentlichen Dienst wird der faktischen Ablauf der administrativen Säuberung der Vorarlberger Nachkriegsgesellschaft von ehemaligen Nationalsozialist/inn/en im Detail dargestellt.

Die angeführten Beispiele zeigen, dass es der öffentlichen Hand daran gelegen war, angesichts der hohen beruflichen Qualifikation und der ausgezeichneten Etablierung der betroffenen Nationalsozialist/inn/en in den herrschenden Eliten, den Prozess der Entnazifizierung für die Betroffenen so problemlos wie möglich zu gestalten. Der Umfang an betroffenen Personen in Vorarlberg ist im Vergleich zu Österreich im oberen Drittel anzusiedeln. Die Positionierung der ehemaligen NS-Anhänger/innen hinsichtlich ihrer beruflichen und gesellschaftlichen Stellung rangierte ebenfalls im oberen Bereich. Dies machte es für die Vorarlberger NS-Registrierten des Jahres 1947 einfach, sich der beruflichen und materiellen Konsequenzen ihrer NS-Vergangenheit zu entziehen, zumal mit der ab 1948 beginnenden Amnestierung alle administrativen Türen dazu geöffnet wurden. Die politischen Parteien des Landes Vorarlberg nahmen bei dieser Öffnung eine zentrale Türsteherfunktion ein.
Die Studie wird mit einem Überblick zu den Quellen der Geschichte der Entnazifizierung in Vorarlberg, insbesondere im Vorarlberger Landesarchiv in Bregenz, abgeschlossen.

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