Paul Kohn
Paul Kohn kam 1926 in Linz als Sohn des Otto und der Irma Kohn, geborene Salzer, zur Welt. Er wurde zwei Wochen nach der Geburt von Dr. Eduard Bloch beschnitten, als Paten fungierten Julius Kohn und Adele Kapper. Paul Kohn hatte zwei ältere Geschwister, Kurt und Margit. Die drei Kinder wuchsen in Linz auf. Sein Vater Otto Kohn war in Linz als Reisender bzw. Kaufmann tätig, während die Mutter, eine gelernte Friseurin, sich aufgrund der Geburten der Kinder dem Haushalt widmete. Paul Kohn war von einer großen Familie umgeben, das Haus Badgasse 6 bildete seit Generationen ihr Zentrum. Er besuchte ab 1933 die Knabenvolksschule Altstadt. Nach Beschreibung seines Lehrers zeigte er sich bei Lob oder Tadel gleichgültig, in der Schulgemeinschaft verhielte er sich „brav“. Man stellte bei ihm eine langsame Arbeitsweise fest. Die familiären Verhältnisse wie Armut und gesundheitliche Probleme waren der Entwicklung des Buben sicher nicht förderlich. Der Schularzt erkannte zudem eine verminderte Hörfähigkeit.
Mit März 1938 zählten auch jüdische Kinder in Österreich zu den verfolgten Personen des NS-Regimes. Um sie zu diskriminieren, sonderte man sie von den übrigen Kindern ab und richtete dazu eine eigene Judenschule ein. Paul Kohn musste in der vierten Klasse an diese Schule wechseln, er erhielt in Paul Schimmerl für wenige Monate einen neuen Lehrer. Die traumatische Flucht der vierköpfigen Familie – der ältere Bruder Kurt war nicht mehr dabei – begann am 12. Oktober 1938 mit der „Übersiedlung“ der Familie in die Heimatstadt des Vaters nach Nikolsburg (Mikulov, ČR) in der Tschechoslowakei.
Infolge der Einnahme der Sudetengebiete durch die Nationalsozialisten im Herbst 1938 flohen viele Jüdinnen und Juden aus den okkupierten Gebieten in die Grenzstadt Eibenschütz (Ivančice, ČR). Dort kamen sie meist nur mit dem an, was sie am Leib trugen und waren physisch und psychisch in einem denkbar schlechten Zustand. Die Familie eines Lederfabrikanten stellte für die Unterbringung dieser obdachlos gewordenen Jüdinnen und Juden ein Nebengebäude ihrer ehemaligen Gerberei zur Verfügung. Die Männer dieser, ab März 1939 unter der Leitung der Gestapo in ein Internierungslager umfunktionierten Unterkunft mussten in der Kukla-Mine im nahe gelegenen Oslavany arbeiten und die Frauen in der Küche, der Wäscherei sowie einer Schneiderei. Drei Jahre später deportierte man die etwa 800 Jüdinnen und Juden – somit auch Paul Kohn und seine Angehörigen – über Brünn (Brno, ČR) nach Theresienstadt. Heute erinnert eine Gedenktafel an das an der Krumlovska gelegene Lager. Von Theresienstadt wurde die Familie Kohn mit vielen Leidensgenossinnen und -genossen am 1. April 1942 weiter nach Piaski in Ostpolen verschickt. Paul Kohn und seine Familie kamen in diesem Sammel- und Durchgangsghetto bzw. in einem der nahegelgegen Vernichtungslager Bełžek und Sobibór um.
(Autorin: Verena Wagner)