Otto Kohn

Otto Kohn kam 1891 in Nikolsburg (Mikulov, ČR) als Sohn des Bäckers Jonas Kohn und dessen Ehefrau Johanna (Hanni bzw. Chana), geborene Spitzer, zur Welt. Er hatte zwei ältere Brüder, den 1889 bald nach der Geburt verstorbenen Arthur und den 1890 zur Welt gekommenen Josef. Die jüngeren Geschwister waren drei Schwestern: Martha 1893, Gisela 1895 und Wilhelmine 1902 geboren. Otto Kohn wuchs in Nikolsburg auf und arbeitete vorerst als Kommis und später als Bäckergehilfe. 1922 kam er nach Linz und heiratete hier 1924 die in Linz geborene Friseurin Irma Salzer. 1925 meldete er das Gewerbe eines Handels mit Manufaktur- und Textilwaren an der Badgasse 6 und 1927 eine Handelsagentur und den Kommissionshandel mit Standort Graben 18 an. Dennoch dürfte sein Verdienst karg gewesen sein, mit Stoffpaketen in der Hand versuchte er als Reisender der Wiener Firma Rottenberg ohne Konzession in Linzer Gasthäusern zu hausieren. Geldstrafen für den ohne Legitimation tätigen Otto Kohn waren die Folge. Dazu erschwerte noch eine Lungenkrankheit seine Arbeitsfähigkeit.

Mit März 1938 und der Machtübernahme Österreichs durch die Nationalsozialisten waren Jüdinnen und Juden ständigen Verfolgungen und Gefangennahmen ausgesetzt. Otto Kohn konnte sein Gewerbe ab Juli nicht mehr ausüben. Auf seinem Fragebogen der Fürsorgezentrale der Kultusgemeinde Wien ist vermerkt, dass ihm keine Mittel zur Auswanderung zur Verfügung stünden. Rettendes Land rechtzeitig zu erreichen war damit fast unmöglich. Die Familie floh vorerst in die Tschechoslowakei, nach Nikolsburg, wo sie nach wie vor heimatzuständig war. Infolge der Einnahme der Sudetengebiete durch die Nationalsozialisten im Herbst 1938 wurde sie weiter nach Eibenschütz (Ivančice, ČR) getrieben. Dort blieben Otto Kohn und seine Angehörigen mit etwa 800 Jüdinnen und Juden aus Österreich, Ungarn und der Slowakei in einem Flüchtlings- und ab März 1939 von der Gestapo verwalteten Internierungslager. Die Männer mussten in der Kukla-Mine im nahe gelegenen Oslavany arbeiten.

Ab Frühjahr 1942 fanden die grausamen Maßnahmen des NS‑Regimes ihre Fortsetzung in der Räumung des Lagers: Über Brünn (Brno, ČR) deportierte man alle – so auch Otto Kohn und seine Familie – nach Theresienstadt und von dort am 1. April Richtung Ostpolen, nach Piaski. Auf diesem Transport befanden sich 1.000 Frauen, Männer und Kinder und es war der erste einer Reihe von Deportationen im April in den Bezirk Lublin. Zu Fuß oder per Lastkraftwagen mussten sie zum Bahnhof Bauschowitz an der Eger (Bohušovice nad Ohří, ČR), etwa drei Kilometer außerhalb des Ghettos Theresienstadt gelegen, wo man sie auf die wartenden Waggons lud. Fünf Güterwaggons transportierten ihre Habseligkeiten. Sie erreichten wahrscheinlich am 2. oder 3. April 1942 Trawniki und von dort zu Fuß Piaski. Die meisten dieser deportierten Jüdinnen und Juden wurden kurz nach Erreichen des Durchgangsghettos in den Vernichtungslagern Bełžek und Sobibór ermordet. Otto Kohn starb mit seiner Frau Irma und seinen beiden Kindern Margit und Paul wahrscheinlich in einem dieser Lager. Sohn Kurt Kohn dürfte als Einziger der Familie überlebt haben.

(Autorin: Verena Wagner)

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