Irma Kohn

Irma Kohn kam 1899 in Linz als Irma Salzer und als Tochter des aus Holitsch in Ungarn (Holíč, Slowakei) stammenden Händlers Michael Salzer und dessen Ehefrau Karoline, geborene Kerpen, zur Welt. Irma Kohn wuchs in Linz auf und hatte zwei ältere Geschwister, Elsa und Egon. Ihre Mutter war 1861 in Niederösterreich zur Welt gekommen und arbeitete spätestens Anfang der 1890er-Jahre als Marktfierantin und Tändlerin in Linz. Sie muss sehr sportlich gewesen sein, denn 1894 nahm sie es mit einem flüchtenden Dieb auf, den sie von der Altstadt durch die Hahnengasse und Badgasse bis zum Franz-Joseph-Platz verfolgte. In diesem Jahr heiratete sie den 1852 in Wien geborenen Michael Salzer, bald danach ist das Ehepaar an der Badgasse 6 gemeldet. Auch er betrieb das Gewerbe des Marktfahrens, doch für das geregelte Einkommen dürfte eher Karoline Salzer gesorgt haben.

Irma Kohn hielt sich ab ihrem 18. Lebensjahr, zwischen 1917 und 1921, jeweils für ein paar Wochen in Wien bei Verwandten auf. Ab 1919 wird ihr Beruf als Friseurin bezeichnet. Sie verlor früh ihren Vater, Michael Salzer starb 1924. Wenige Monate später heiratete sie den Kaufmann und Reisenden Otto Kohn aus Nikolsburg (Mikulov, ČR). Als Sohn eines Bäckers hatte er selbst das Bäckerhandwerk erlernt und war darüber hinaus als Kommis tätig. 1925 wurde ihm das Gewerbe eines Handels mit Manufaktur- und Textilwaren an der Badgasse 6 genehmigt. Irma Kohn brachte drei Kinder in Linz zur Welt: Kurt 1924, Margit 1925 und Paul 1926. Die Kinder besuchten Volksschulen in Linz, aber man dürfte noch durchaus gute Beziehungen nach Nikolsburg gepflegt haben, denn Kurt Kohn feierte dort im September 1937 seine Bar Mitzwah. Irma Kohn ging offiziell damals keinem Beruf mehr nach und widmete sich dem Haushalt. Die Familie litt unter Geldmangel und an Lungenkrankheiten, oft mangelte es an genügend Essen.

Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich, ab März 1938, verschlechterte sich die finanzielle Situation, da nun Irma Kohns Ehemann seinem Gewerbe nicht mehr nachgehen durfte. Die alte Mutter wurde nach Wien vertrieben und lebte ab März 1939 in einem Altersheim der israelitischen Kultusgemeinde an der Großen Schiffgasse 3, während Irma Kohn mit ihren Angehörigen im Oktober 1938 nach Nikolsburg floh. Von dort mussten sie aber weiter in das Landesinnere, die „Rest-Tschechei“, ziehen, um sich vor den Nationalsozialisten zu schützen, die sie dennoch im Frühjahr 1939 einholten. Vier Jahre lang lebten Irma Kohn und ihre Angehörigen in einem zuerst als Flüchtlings- und dann von der Gestapo Brünn verwalteten Internierungslager in Eibenschütz (Ivančice, ČR). Die Männer mussten in einer Mine arbeiten und die Frauen in der Küche und in der Wäscherei sowie Arbeitskleidung für die Häftlinge eines Brünner Gefängnisses nähen. Im März 1942 räumte man das Lager und deportierte alle Jüdinnen und Juden – auch Familie Kohn – vorerst nach Theresienstadt. Aber bevor ihre Mutter Karoline Salzer dort im Juli eintraf, hatte man Irma Kohn mit Ehemann und Kindern bereits am 1. April mit 1.000 Personen nach Piaski verschleppt. Dort dürften Irma Kohn und ihre Familie in einem der Vernichtungslager Bełžek oder Sobibór ermordet worden sein. Ihre Mutter ging Ende Oktober 1942 in Theresienstadt zugrunde, nur ihr Sohn Kurt und ihr Bruder Egon Salzer überlebten die Shoah.

(Autorin: Verena Wagner)

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