Siegmund Kluger
Siegmund (Sigmund Schaja) Kluger wurde 1886 in Bochnia (Südpolen) als Sohn des Moses Jakob Kempler und der Rachel Kluger geboren. Sein Vater war zu diesem Zeitpunkt Steuerpächter und die Eltern seiner Mutter, Markus und Chaja Kluger, Kaufleute in Bochnia. Die Familie war nach Nowy Wiśnicz, ein paar Kilometer südlich von Bochnia gelegen, zuständig. Siegmund Kluger dürfte in Bochnia aufgewachsen und um die Jahrhundertwende nach Wien gekommen sein. Er hatte acht oder neun Geschwister: Ignaz, Heinrich, Wilhelm, Rosa, Regina, Marie, Ottilie und Genia bzw. Gittel. Siegmund Kluger erlernte das Goldarbeiterhandwerk. Ab Februar 1912 konnte er einen ständigen Aufenthalt in Linz nachweisen und 1913 erhielt er einen Gewerbeschein für das Gold-, Silber und Juwelenarbeitergewerbe. Er warb damit „sämtliche Umarbeitungen von Gold und Juwelen, sowie sämtliche Reparaturen billigst zu übernehmen und prompt auszuführen“. Dazu hatte Kluger an der Goethestraße 24 ein Gewölbe gemietet. Im März 1917 wurde er kurzzeitig Besitzer eines Eckhauses in Linz Schillerstraße 11 / Schützenstraße 11 (heute Südtirolerstraße). In diesem Haus betrieb er über viele Jahre sein Juweliergeschäft, ab 1923 wechselte er in die Textilbranche. Lange bemühte er sich um eine Heimatzuständigkeit in Linz, die ihm 1924 gewährt wurde. Inzwischen hatte er Ende des Jahres 1923 Gabriela Benedicovics, geborene Hippmann, geheiratet, die zu diesem Zweck kurz zuvor zum Judentum übergetreten war. Innerhalb der Kultusgemeinde trat Siegmund Kluger kaum in Erscheinung. Im Lauf des Jahres 1922 nahm man ihn mit 19 weiteren Männern als Mitglied in die Chewra Kadischa auf.
Sowohl das Juwelier- als auch das Textilwarengeschäft erbrachten zu wenig Ertrag. Das Ehepaar schlitterte in Schulden, dazu veruntreuten beauftragte Kommissionäre die Ware. Um zu Geld zu kommen folgten kleinere Delikte. In einem der sich daran anknüpfenden Prozesse versuchte der Verteidiger mit der Beschreibung Klugers als armen, gehetzten Analphabeten, der wie ein erratischer Block inmitten deutschen Wesens liege, einen Freispruch zu erwirken. Es dürfte tatsächlich viel Ungeschick der Grund gewesen sein, dass das Ehepaar soweit an die Armutsgrenze kam, dass es von der Kultusgemeinde Unterstützung erbat. Die Situation verschärfte sich noch, als Siegmund Klugers Frau schwer an Krebs erkrankte, sie starb im Herbst 1935. 1936 lebte Siegmund Kluger an der Adresse Starhembergplatz 7 (Bernaschekplatz) und arbeitete nun als Reisender.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland 1938 floh der Witwer bald nach Wien, vermutlich zu Verwandten. Ab dem 7. Mai 1938, an diesem Tag wurde er von der Wiener Polizei verhaftet, fristete er sein Leben nur mehr abwechselnd in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald. Dort vermerkte man noch sein geringes Hab und Gut, eine Sendung an seine Schwester in Wien beinhaltete die letzten Fotos und Dokumente. Die Annahme des zusätzlichen Vornamens „Israel“ musste er im KZ bestätigen. Nach vier Jahren schwerster Zwangsarbeit unter den grausamen Bedingungen des NS‑Regimes starb Siegmund Kluger am 2. April 1942 in Buchenwald. Seine Urne wurde auf dem jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs, Tor IV, beerdigt.
(Autorin: Verena Wagner)