Rudolf Gans
Rudolf Gans kam 1905 als Sohn des aus Steyr stammenden Michael Gans und der Sabine, geborene Fuchs, in Baden zur Welt. Sein Vater arbeitete als Geschäftsreisender und Kohlenhändler. Rudolf Gans war das dritte Kind des Ehepaares. Er hatte zwei ältere Schwestern, Elisabeth und Ernestine. Nachdem die Familie Gans nach Linz übersiedelt war, kamen dort noch die beiden jüngeren Brüder Gustav und Viktor zur Welt. 1911 kaufte Michael Gans das Haus Blumauerstraße 53 und blieb dort mit seiner Frau bis 1938 wohnend.
Nach der Volksschule an der Goethestraße wechselte Rudolf Gans für vier Jahre in das Realgymnasium. 1918 feierte er seine Konfirmation im Linzer Tempel. Ab 1922 war Rudolf Gans Angestellter der „Providentia“ Versicherungs-Gesellschaft und blieb auch nach deren Fusionierung mit der „Phönix“ Versicherung weiterhin dort Beamter. Mitte der Dreißigerjahre übersiedelte er an die Herrenstraße 48. Nach und nach zogen auch seine Brüder in dieses Haus. In seiner Freizeit war Rudolf Gans sportlich aktiv, vor allem in der Tennissektion des jüdischen Sportvereins ITUS. Andere Tennisclubs blieben Juden und Jüdinnen zu dieser Zeit verwehrt. Dort lernte er Grete Taussig näher kennen und freundete sich mit ihr an. Manchmal gesellte sich Rudolf Gans auch zu einer Kartenspielrunde im Café Traxlmayr, der auch der Nationalsozialist Dr. Ernst Kaltenbrunner angehörte.
Darüber hinaus war Rudolf Gans Mitglied des „Bundes Jüdischer Frontsoldaten“ in Linz. Ab 1936 wurde er zum Schriftführer dieser Organisation ernannt. Dies dürfte auch der Grund gewesen sein, dass man Gans bereits am 18. März 1938, mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich, gefangennahm. Nach wenigen Wochen wieder frei gelassen, wurde schnell klar, dass eine Flucht unvermeidbar war. Ende Juni kündigte man Rudolf Gans auch von seiner Arbeitsstelle, der Phönix-Versicherung. Familie Gans hatte Glück im Unglück: Verwandte in den USA stellten der ganzen Familie Affidavits aus. Doch wartete man noch auf die Visa. Inzwischen musste sich Rudolf Gans von Grete Taussig verabschieden, die nach England floh. Am 8. November 1938 wurde er mit seinen Brüdern erneut verhaftet und eine Woche später nach Dachau deportiert. Dank ihrer Affidavits und der Bemühungen Max Hirschfelds kamen sie Mitte Dezember wieder frei, unter der Auflage, das Deutsche Reich sofort zu verlassen. Überstürzt konnten sie nur mehr eine Flucht nach Shanghai antreten. Erst als ihre Visa aus Wien im Spätsommer 1939 dort einlangten, war es ihnen möglich, die Flucht in die USA fortzusetzen.
Durch Vermittlung eines Cousins fand Rudolf Gans in New York einen Posten in einer großen Uhrenerzeugungsfirma und blieb dort bis zu seiner Pension. Grete Taussig gelang es erst nach dem Krieg in die USA zu kommen. Wenige Tage nach ihrer Ankunft heiratete das Paar im August 1945. 1946 kam das erste Kind, Tochter Irene, zur Welt und 1949 ein Sohn mit Namen Bob. Rudolf Gans starb 1991 in Long Island.
(Autorin: Verena Wagner)