Johann Kramer

Johann (Hans) Kramer kam 1886 als Sohn des Schneidermeisters Josef Kramer und der Rosalie, geborene Schwarzbart, in Wien zur Welt und wuchs unter ärmlichen Verhältnissen auf. Er muss spätestens 1912 nach Linz übersiedelt sein, da er vom 1. Oktober 1912 bis 8. November 1938 – abgesehen von seiner Kriegsdienstzeit – als Buchhalter in der Firma „Erste oberösterreichische Bier- und Mineralwassergroßhandlung M. Eisenberger in Linz“ tätig war. Darüber hinaus hatte Johann Kramer gemeinsam mit Fritz Eisenberger einen Kork- und Glasvertrieb „Hans Kramer & Co“ an der Kaarstraße 9. 1921 ließ sich Johann Kramer in Linz evangelisch A. B. taufen. Zehn Tage später heiratete er in dieser Kirche an der Landstraße die Kanzleibeamtin Adele Rechenmacher. Allerdings ließ sich das Ehepaar 1937 scheiden. Kramer lebte zu dieser Zeit in Urfahr an der Hauptstraße 29.

Ab März 1938 zählte Johann Kramer bald zum „Mitarbeiterstab“ des von der Gestapo ernannten kommissarischen Leiters der Linzer Kultusgemeinde, Max Hirschfeld. Er wurde mehrmals in „Schutzhaft“ genommen, am 8. November 1938 sogar „vom Schreibtisch weg“. In weiterer Folge verbrachte man ihn nach Dachau. Mitte Dezember 1938 konnte Johann Kramer wieder nach Linz zurückkehren. Als „Ariseur“ der Firma Eisenberger sowie Kramer & Co war Karl Oirer, ein besonders brutaler SA-Mann, eingesetzt worden. Er verweigerte Johann Kramer die Auszahlung ausständiger Gebühren wie Abfertigung, Monatsbezüge und Urlaubsbeiträge. Im Februar 1939 musste sich Kramer mit Erhalt eines geringen Betrages zufrieden geben.

Er verblieb mit Otto Unger länger als alle anderen Jüdinnen und Juden – ausgenommen jenen, die in einer sogenannten „Mischehe“ lebten – in Linz. Nachdem Max Hirschfeld im Mai 1939 Linz verlassen hatte, blieben Unger und Kramer als letzte Vertreter der nach Wien verlegten Linzer Kultusgemeinde zurück. Die Gestapo verwendete den jüdischen „Mittelsmann“ unter anderem für Aufträge und Vollzug von diskriminierenden Maßnahmen. Beispielsweise hatte Johann Kramer der noch in Oberösterreich lebenden jüdischen Bevölkerung den gelben, handtellergroßen Judenstern zu übermitteln.

Zuletzt in Linz am Hofberg 4 wohnend kam es im Frühjahr 1943 dennoch zu einer Deportation Johann Kramers direkt von Linz nach Theresienstadt. Diese dürfte für ihn unvermutet gekommen sein, denn er scheint nicht mehr genügend Zeit gehabt zu haben, sein geringes Vermögen zu veräußern. Es wurde von der Gestapo beschlagnahmt, von einem Sachverständigen minutiös aufgelistet, bewertet und schließlich verkauft. Johann Kramer litt in Theresienstadt an Hunger und bat in versendeten Karten verdeckt um Brot. Am 18. Mai 1944 deportierte man ihn von Theresienstadt nach Auschwitz, das er nicht überlebte.

(Autorin: Verena Wagner)

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