Marie Gans

Marie Gans kam 1868 in Bilin in Böhmen (Bílina, ČR) als Marie Fischer und Tochter des Emanuel und der Rosel (Therese) Fischer, geborene Röhr, zur Welt. Sie dürfte in Bilin aufgewachsen sein. Dort gab es um das Jahr 1868 ein Betlokal und ein als Lehrstube benutztes Zimmer. Seit den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts war auch Emanuel Fischer mit seiner Familie in dieser Ortschaft ansässig und als Gemischtwarenhändler tätig. Marie Gans heiratete 1891 in Prag den 1858 in Linz geborenen Josef Gans. Als Trauender fungierte der ehemals in Linz und nun in Teplitz (Teplice, ČR) tätige Rabbiner Dr. Adolf Kurrein. Er dürfte beiden Familien bekannt gewesen sein: in Linz als Rabbiner bis 1883 und in Bilin, das bis 1890 zu Teplitz gehörte. Josef Gans war der Sohn des aus Südböhmen stammenden und in Linz als Hausierer tätigen David Gans und dessen Ehefrau Franziska (Fani), geborene Guttmann. Er war von 1886 bis 1922 im Postdienst tätig. Zuletzt leitete er als Postamtsdirektor den Postpaketverkehr in Linz. Seine Freizeit widmete er dem Linzer Landestheater und schrieb Kritiken für die Tages-Post und das Tagblatt. 1892 kam das einzige Kind des Ehepaares Gans, Tochter Margarete, in Linz zur Welt.

Marie Gans war Mitglied des Linzer Israelitischen Frauenvereins. 1913 wirkte sie mit Marie Heller und Johanna Töpfer in dessen dreigliedrigem Vorstand unter dem Direktor Rudolf Kafka. Ihre Schwiegermutter, Franziska Gans, gilt als eine der Gründerinnen und Vorsteherinnen dieses Frauenvereins. Sie lebte bis zu ihrem Tod 1913 bei Josef und Marie Gans. Familie Gans bewohnte ab 1914 eine Parterrewohnung in einem an der Sonnensteinstraße 7 in Urfahr gelegenen neu erbauten Haus. 1936 wurde Marie Gans Witwe.

Mit März 1938 und dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich setzte man dem bescheidenen Leben von Marie Gans und ihrer geschiedenen Tochter Margarete Walmisberg ein brutales Ende. Aus ihrer Wohnung an der Sonnensteinstraße vertrieben, kamen sie notdürftig im Töpferhaus, das den Nationalsozialisten als Haus für jüdische Sammelwohnungen diente, unter. Mitte April 1939 musste Marie Gans nach Wien gehen und zog bei Marya Seinfeld an der Praterstraße 11 im 2. Wiener Gemeindebezirk ein. Im August 1940 wechselten Mutter und Tochter nochmals ihre Wohnung innerhalb dieses Hauses und wohnten bei Fany Beck. Beide Wohnungsgeberinnen waren ebenso Jüdinnen. Anfang Juni 1942 deportierte man Margarete Walmisberg nach Minsk. Wenige Wochen später – Mitte Juli 1942 – verbrachten die Nationalsozialisten Marie Gans nach Theresienstadt. Sie starb dort am 16. Oktober 1942. Auch ihre Tochter kam in der Shoah um.

(Autorin: Verena Wagner)

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