Paul Friedmann
Paul Friedmann kam 1886 als Sohn des Rabbiners Moriz Friedmann und dessen Frau Josefine, geborene Bendiner, in Linz zur Welt. Sein aus Ungarn stammender Vater hatte im Jahr 1883 seinen Dienst in der Linzer Kultusgemeinde angetreten. Paul Friedmann hatte vier ältere Schwestern: Malvine, Anna, Hermine und die bereits in Linz geborene Helene.
Er besuchte in Linz die Oberrealschule, wo er 1904 mit Auszeichnung maturierte. Anschließend begann er an der Technischen Universität in Wien Maschinenbau zu studieren. Nach Ablegung seiner ersten Staatsprüfung unterbrach er sein Studium, er dürfte in eine Krise geraten sein, die Anfang April 1910 ihren Höhepunkt erreichte: Friedmann warf sich in einem Wiener Bahnhof vor einen einfahrenden Schnellzug. Der Selbstmordversuch kostete ihm beide Arme. Noch 1910 kehrte er nach Linz zurück und lebte für einige Jahre im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder an der Herrenstraße. Dort erfuhr der Rabbinersohn eine liebevolle Pflege durch Bischof Rudolph Hittmair.
Paul Friedmann blieb ledig und betrieb von 1917 bis 1925 eine Handelsagentur. 1926 starb sein Vater, seine Mutter bezog als Rabbinerswitwe eine Wohnung im kultusgemeindeeigenen Haus an der Schubertstraße 29. Dort dürfte auch bis zu ihrem Tod, im März 1934, Paul Friedmann gelebt haben. Danach fand er an der Gärtnerstraße 11 bei Familie Richard und Maria Sommer Unterkunft. In der koscheren Ausspeiserei von Sophie Stein, Altstadt 1, soll er seine Mahlzeiten eingenommen haben. Er hatte zwar Anspruch auf eine kleine Rente, dennoch dürfte der inzwischen geprüfte Dolmetscher für Französisch und Englisch in großer Armut gelebt haben, die Linzer Kultusgemeinde versuchte ihn zu subventionieren.
1938 trafen auch Paul Friedmann die Maßnahmen der Nationalsozialisten. Er musste sein verpflichtendes Vermögensverzeichnis abgeben und im November 1938 nach Wien gehen. Es kommt einem Wunder gleich, dass – obwohl Schwerinvalide – Paul Friedmann eine Flucht nach England gelang. Ende Jänner 1939 meldete er sich von Wien nach London ab. Schließlich wohnte er in einem jüdischen Heim in Hemel Hempstead, Hertfordshire. Seine beiden Schwestern, Malvine und Helene, wurden hingegen 1942 nach Theresienstadt deportiert. Helene kam dort im Oktober 1943 um, während Malvine das Lager überlebte. Paul Friedmann starb 1970 und liegt in der Nähe von Hemel Hempstead begraben.
(Autorin: Verena Wagner)