Hedwig Seligmann

Hedwig Seligmann kam 1887 als Hedwig Klein und Tochter des Moritz Klein und der 1847 in Kalladey (Koloděje nad Lužnicí, ČR) geborenen Schneidermeisterstochter Henriette Juditha, geborene Mautner, in Linz zur Welt. Sie war das zehnte, jüngste und einzige in Linz geborene Kind der Familie. Ihrem Vater, ein nach Pisek zuständiger Schuhwarenerzeuger und ‑händler, genehmigte die Gewerbebehörde 1885 eine Filiale in Linz zu eröffnen. Dies dürfte auch das Ankunftsjahr der Familie in Linz gewesen sein. Die Geschwister von Hedwig Seligmann besuchten nun verschiedene Schulen. Der Älteste, Julius Klein, absolvierte das k. k. Gymnasium an der Spittelwiese und Max Klein die dreijährige Handelsakademie in Linz. In dessen Klasse waren einige jüdische Schüler aus Wien und auch René Rilke, der spätere Rainer Maria Rilke, der während des zweiten Semesters allerdings die Schule wieder verließ. Adele Klein ging an die Übungsvolksschule der Lehrerinnenbildungsanstalt. Hedwig Seligmann hatte als Mädchen ein Privileg, sie durfte von 1901 bis 1903 das Linzer Mädchenlyzeum besuchten. Die Familie wohnte an der Gesellenhausstraße 15. Die Filiale und die Schuhfabrik in Pisek wurden schließlich aufgelassen, Max und Karl Klein errichteten 1913 eine neue Schuhfabrik in Mödling.

Gemeinsam mit ihrer Schwester Leontine, verheiratete Klauber, engagierte sich Hedwig Seligmann bei Wohltätigkeitsveranstaltungen der israelitischen Kultusgemeinde. 1906 organisierte der Geselligkeitsverein „Unter uns“ ein Chanukka-Kinderfest. Die 19‑jährige Hedwig trat als „ungemein fesselnde“ Fee – so der Zeitungsbericht – in Märchenbildern, die von Kindern dargestellt wurden, auf. Einstudiert hatte die Bilder ihre Schwester Leontine Klauber. 1908 heiratete Hedwig Seligmann den ab 1904 in Linz arbeitenden Bauadjunkten Ingenieur Karl Seligmann. Die Hochzeitsreise ging nach München. Danach wohnte das Ehepaar noch kurze Zeit in Linz, anschließend kam es berufsbedingt zu mehrfachem Ortswechsel. Als Hedwig Seligmann Ende Dezember ihr einziges Kind, Sohn Felix Friedrich, zur Welt brachte, wohnten sie und ihr Mann in Braunau am Inn. 1916 kehrte die Familie nach Linz zurück und lebte bis 1938 an der Hauptstraße 55. Hedwig Seligmann war im Haushalt tätig und scheint eine fröhliche, lebensbejahende Frau gewesen zu sein. Mit Verwandten und Bekannten hielt man sich gerne im Sommerfrischeort Rottenegg im Mühlviertel auf, wo man wanderte und badete. 1931 ersteigerte Hedwig Seligmann eine kleine Villa im Linzer Vorort St. Peter. Die beiden Wohnungen des Hauses mit Garten vermietete sie.

Mit März 1938 musste Hedwig Seligmann aufgrund der diskriminierenden Maßnahmen gegen Jüdinnen und Juden ein Vermögensverzeichnis abgeben, in dem sie den Schätzwert des Hauses mit fast 12.000 Reichsmark angab. Schnell fanden sich interessierte Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten, die Haus und Garten erwerben wollten. Das Ehepaar hatte inzwischen nach Wien übersiedeln müssen. Sohn Felix floh im Oktober 1938 nach Palästina, Hedwig Seligmann und ihr Mann blieben, vielleicht unterschätzten sie die Gefahr. Ab 1939 musste das Ehepaar in einer sogenannten Sammelwohnung wohnen. 1942 deportierte man Hedwig Seligmann, ihren Mann und ihre Schwester Leontine Klauber mit dem ersten von insgesamt vier Transporten von Wien nach Izbica. Alle drei sind als Opfer der Shoah zu beklagen.

(Autorin: Verena Wagner)

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