NS-Gesundheitspolitik
Autor: Josef Goldberger
Die Wurzeln der Rassenhygiene gehen weit vor die Zeit des Nationalsozialismus zurück. Doch erst das Aufeinandertreffen von Rassenhygienikern und Nationalsozialisten gab die Bahn für die radikale Umsetzung der erbbiologischen Selektion frei. Mit der flächendeckenden Errichtung staatlicher Gesundheitsämter in Deutschland im April 1935 und im angeschlossenen Österreich im April 1939 wurden die Weichen für die Verstaatlichung des Gesundheitsdienstes und die Integration der Bevölkerungs- und Rassenpolitik in das auszubauende staatliche Gesundheitswesen gestellt.
Auch im Reichsgau Oberdonau waren 16 Gesundheitsämter mit ihren Amtsärzten als Zentralen dieses gesundheitspolitischen Erfassungs- und Selektionsapparates auf folgenden Gebieten tätig:
- eugenischer Rassismus gegen Angehörige der "eigenen Rasse" mit Maßnahmen der positiven Auslese zur "Produktion erbgesunder Volksgenossen" (Kinder- und Ausbildungsbeihilfen, Ehestandsdarlehen, Förderung von Kinderreichtum, Mutterkreuz, Abtreibungsbekämpfung, Ehevermittlung, Abtreibungsverbot, ...) sowie Maßnahmen der negativen Auslese zur "Ausmerzung" von "erbkrankem" und "minderwertigem" Erbgut von der Fortpflanzung (Zwangssterilisation, Eheverbote, Meldepflicht von behinderten Neugeborenen, ...).
- anthropologischer Rassismus gegen "Fremdvölkische" (Juden, Zigeuner, Ostarbeiterinnen, ...).
- maßgebende Mitwirkung bei der Erbgesundheitsgerichtsbarkeit in Linz, Wels, Steyr, Ried und Krumau.
- totale erbbiologische Bestandsaufnahme der Bevölkerung.
Der Zwangssterilisation, dem effektivsten Instrument der staatlichen Sanitätsverwaltung, fielen in Oberdonau über 1.000 Menschen zum Opfer. Das Netz der Sterilisationsärzte und -anstalten zog sich ungeheuer dicht über das ganze heutige Oberösterreich.