Geschichte der Stadt Linz
Vorrömische Siedlung
Linz liegt in 266 Metern Meereshöhe an der Donau, wo diese nach dem Durchbruch zwischen Kürnberger Wald und Mühlviertel in die Ebene hinaustritt. Durch das Zurückweichen des Kristallins zwischen Kürnberg - Pöstlingberg und Pfenningberg wird eine Bucht gebildet, in welcher die Donau einen nach Norden gerichteten Halbkreis beschreibt. Nach Süden bis zur Traun, die ca. 7 Kilometer unterhalb des Stadtkerns in die Donau mündet, sind mehrere Terrassenstufen ausgebildet, von denen eine höhere, gut ausgebildete Niederterrasse als (Alt-)Siedelterrasse diente. Das Schloss und westliche Stadtrandteile sind bereits auf höheren alteiszeitlichen Terrassen gebaut.
Die Bedeutung der Siedlung markiert seit jeher der in West-Ost-Richtung verlaufende Donauweg, der in Nord-Süd-Richtung von einer von der Adria zur Ostsee als kürzester Verbindung verlaufenden Transversale geschnitten wird. Eine kontiniuierliche Besiedlung des Linzer Raumes ist seit der Jungsteinzeit (Neolithikum) verbürgt. Besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang frühbronze-, urnenfelder- und hallstattzeitliche Gräberfelder im Bereich der heutigen VOEST-Alpine sowie an Geländedenkmälern prähistorische Wallanlagen auf dem Freinberg und auf dem Gründberg.
Das römische Linz
Die römische Bezeichnung Lentia leitet sich von der keltischen Wurzel "lentos = biegsam, gekrümmt" her. Linz wäre somit als Siedlung an der Biegung des Flusses zu deuten, was mit der Lage an der Donau übereinstimmt. Zum Schutz des wichtigen Verkehrsweges über die Donau errichteten römische Soldaten gegen Ende des 1. Jahrhunderts n.Chr. ein Kastell (Hof des Landestheaters) als Teil des Grenzsystems der Provinz Norikum. Die zugehörige Zivilsiedlung, die nie Stadtrang erhielt, lag westlich der heutigen Hauptverkehrsachse Hauptplatz - Innere Landstraße. Ein "Heiliger Bezirk" mit einem Mithräum wurde im Bereich Tummelplatz aufgedeckt. Aus der Spätantike (4./5. Jahrhundert), als sich der Siedlungsschwerpunkt von der Niederterrasse auf das Martinsfeld verlagerte, ist ein Gräberfeld mit reichen Beigaben am Römerberg bekannt.
Weitere Informationen zum römischen Linz unter
Limes-Österreich (neues Fenster)
Gräberfelder der bajuwarischen Siedler
Die landnehmenden Bajuwaren bevorzugten den linken Mündungswinkel der Traun in die Donau als Siedlungsplatz, wo im Bereich der heutigen VOEST-Alpine zwei Gräberfelder aus der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts aufgedeckt wurden, die von mannigfachen Kulturbeziehungen in den östlichen (Byzanz) und südlichen (italisch-langobardischen) Raum zeugen.
Frühmittelalter
Mit dem Vorschieben der bayerischen Herzogsmacht nach Osten über die Enns im 8. Jahrhundert erhielt die Siedlung am Donauübergang wieder größere Bedeutung. Die erste urkundliche Erwähnung von Linz im Jahre 799 erfolgt in einem Lehenrevers des Präfekten des Ostlandes und Schwagers Karls des Großen, Grafen Gerold, der in diesem Jahr vom Passauer Bischof Waltrich die im "locus Linze" gelegene Martinskirche mit dazugehörigem "castrum" (= befestigte Siedlung) zum Nutzgenuss auf Lebenszeit erhielt. Während der Karolingerzeit war Linz zentraler Ort des Traungaues mit Markt- und Zollfunktion, die im Zollweistum von Raffelstetten (903-905) belegt sind.
Mit der Neuordnung des Markensystems unter den Ottonen (2. Hälfte 10. Jahrhundert) dürfte Linz in der Folgezeit an Bedeutung eingebüßt haben.
Die mittelalterliche Stadt
Vermutlich um 1000 verlagerte sich der Siedlungsschwerpunkt von dem westlich der Martinskirche zu suchenden "castrum" an den Fuß des Schlossberges auf die hochwassersichere Terrasse um den Alten Markt. Diese Burguntersiedlung ging ca. 1205/06 vom hochfreien Geschlecht der Herren von Haunsperg in den Besitz der Babenberger über. Wahrscheinlich unter Herzog Leopold VI. kam es zu einer planmäßigen Erweiterung der Stadtanlage nach Süden und Osten mit dem Hauptplatz als Zentrum und zum Bau der Stadtpfarrkirche östlich des Hauptplatzes. Eine Judengemeinde wurde in der vorbabenbergischen Siedlung um den Alten Markt konzentriert. Parallel dazu erhielt Linz in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts Stadtcharakter, der durch die Nennung von "cives" = Bürger (1228), der Bezeichnung "civitas" = Stadt (1236) sowie das Vorhandensein eines Stadtrichters und eines Stadtsiegels (1242) unterstrichen wird. Als gewachsene Stadt besitzt Linz weder eine eigene Stadtrechtsurkunde, noch erfolgte eine formelle Stadterhebung.
Der Aufschwung der Stadt seit dem 13. Jahrhundert war wirtschaftlich bedingt. Die Linzer Maut zählte zu den einträglichsten Einnahmequellen der österreichischen Herzöge. Die beiden Jahrmärkte, der Bartholomäusmarkt mit vierwöchiger Freiung und der Bruderkirchweihmarkt (seit 1500 Ostermarkt) mit zweiwöchiger Freiung, leiten sich von den Kirchweihfesten der Stadtpfarrkirche bzw. der seit 1236 in der Stadt ansässigen Minoriten her und hatten zu Beginn der Neuzeit den Rang internationaler Messen. Ihren wirtschaftlichen Höhepunkt erreichten sie Mitte des 16. Jahrhunderts. Zu ihrer Ausbildung trug das 1362 verbriefte Meilen- und Pfändungsrecht, aus dem sich das bis 1785 geltende Repressalienrecht entwickelte, wesentlich bei.
Mit dem Übergang der Stadt an die Babenberger geriet Linz in eine Randlage zum Herzogtum Bayern und wurde in der Folgezeit häufig zum Ort von Fürstenversammlungen. So wurde hier von den Habsburgern der Vertrag mit Kaiser Ludwig dem Bayern über den Erwerb von Kärnten (1335) abgeschlossen. Die zwischen den Brüdern Friedrich III. und Albrecht VI. geführten Fehden und die zahlreichen Kriege (Hussiten, Ungarn, Liechtensteinerfehde) während des 15. Jahrhunderts belasteten die Stadt auf das stärkste, brachten der Bürgerschaft aber gleichzeitig Erfolge gegenüber den Stadtherren. Schon 1369 erhielt sie das Recht, einen Rat zu wählen, ab 1424 wurde ihr das Vorschlagsrecht für den Stadtrichter zugestanden, was zur Trennung von Mautner- und Stadtrichteramt führte. 1453 erhielt die Stadt die Blutgerichtsbarkeit.
Linz wird Landeshauptstadt
Bereits Ende des 13. Jahrhunderts war die Stadt mit dem Sitz des Hauptmanns ob der Enns zum Verwaltungsmittelpunkt des Landes geworden. Erzherzog Albrecht VI. erkor sie vorübergehend zu seiner Residenz und richtete eine Münzstätte ein. Schließlich residierte hier Kaiser Friedrich III. von 1489 bis zu seinem Tode (1493), wodurch Linz de facto zum Mittelpunkt des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation wurde. Der Residenzcharakter war ausschlaggebend, dass mit Datum 10. März 1490 die Bürgerschaft das Recht der freien Bürgermeisterwahl und die Siegelung in rotem Wachs zugestanden erhielt. Gleichzeitig wird die Stadt erstmals als Hauptstadt des "furstentumbs Österreich ob der Enns" bezeichnet.
Maximilian I. und sein Enkel Ferdinand I. hielten sich oft in Linz auf. Beide mehrten die Privilegien der Bürgerschaft. Vor allem der 1497 gewährte Brückenbrief führte zur Errichtung einer Donaubrücke, der dritten in Österreich nach Wien und Krems, die eine wichtige Voraussetzung für das Gedeihen der Linzer Märkte genauso war wie die Einrichtung einer Münzstätte (1526). Ferdinand I. vermählte sich 1521 in Linz mit Anna von Ungarn. Diese Hochzeit ebnete den Weg zur Schaffung der "Monarchia Austriaca" nach 1526. Die Stadt blieb auch weiterhin bevorzugter Zufluchtsort des Hofes bei Seuchen (Pest) und Kriegsgefahren (in erster Linie Türkenkriege), diente aber auch Mitgliedern des Herrscherhauses als Aufenthaltsort (Königin Katharina von Polen, Erzherzog Matthias).
Reformation und Gegenreformation
Erste Ansätze der Reformation sind in Linz seit 1521 vorhanden. Vorerst war es die Bewegung der Wiedertäufer, die vor allem bei den Handwerkern Anklang fand. Die Lutheraner stellten 1542 den ersten Bürgermeister, in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts kamen protestantische Prädikanten in die Stadt. Das während der Reformation untergegangene Minoritenkloster erhielten 1562 die Stände. Sie errichteten im Anschluss daran das Landhaus (1564-71) in Renaissanceformen als Demonstration ihrer Macht. Im Landhaus war auch die 1574 von Enns nach Linz verlegte Landschaftsschule untergebracht, an der unter anderem von 1612 bis 1626 Johannes Kepler als Lehrer wirkte.
Die Gegenreformation wurde in Linz 1600 von den Jesuiten eingeleitet; seit 1606 wurden sie von den Kapuzinern unterstützt. Hatte schon der Durchzug des Passauer Kriegsvolks unter Oberst Ramee (1611) große Schwierigkeiten für die Stadt gebracht, so hatte sie während des Bauernkrieges von 1626 einer neunwöchigen Belagerung der Bauern unter der Führung Stefan Fadingers standzuhalten. Die Vorstädte gingen dabei in Flammen auf. Zwischen 1620 und 1628 war die Stadt an Bayern verpfändet.
Die Barockstadt
An der Wende zum 17. Jahrhundert sollte die Stadt großzügig erweitert und befestigt werden. Der Plan kam nicht zur Ausführung. Seit 1600 wurde unter Kaiser Rudolf II. das Schloss monumental ausgebaut. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges erfolgte eine durchgehende Barockisierung des Stadtbildes. Träger waren neben der Bürgerschaft der Adel (Freihäuser), die Kirche und die wellenförmig in die Stadt hereinströmenden Orden (Karmeliten 1672, Ursulinen 1679, Karmelitinnen 1709, Elisabethinen 1745, Barmherzige Brüder 1756), deren Klöster noch heute das Stadtbild entscheidend prägen. Der Idee des Merkantilismus entsprang die Gründung der Wollzeugfabrik (1672), die im 18. Jahrhundert verstaatlicht, zeitweise mehr als 50.000 Menschen beschäftigte.
Reformen und Kriege
Im Zuge der josephinischen Reformmaßnahmen wurde in Linz ein eigenes Bistum eingerichtet (1783), neue Pfarren gegründet sowie viele bestehende Stiftungen (wie Bürgerspital, Prunerstift, Theresienstift, Bruderhaus, Kellerisches Waisenhaus) aufgehoben.
Im Österreichischen Erbfolgekrieg von 1741/42, in dem Linz von bayerischen und französischen Truppen besetzt war, gingen die Vorstädte bei der Rückeroberung durch österreichische Truppen in Brand auf. In den Koalitionskriegen gegen Frankreich wurde die Stadt 1800/01, 1805/06 und 1809 wiederum von französischen und bayerischen Truppen besetzt, wobei es am 3. Mai 1809 beim Übergang über die Traun im heutigen Stadtteil Ebelsberg zu einer blutigen Schlacht kam. Als indirekte Folge der Koalitionskriege wütete 1800 ein riesiger Brand, der das Schloss, das Landhaus und große Teile der Altstadt in Mitleidenschaft zog. In der Folgezeit wurden die funktionslos gewordenen Befestigungsanlagen geschleift. Auf Initiative des Erzherzogs Maximilian d'Este erhielt Linz eine neue Befestigung in Form eines verschanzten Lagers (1831-37), das seine Kriegstauglichkeit allerdings nie unter Beweis zu stellen brauchte.
Das Zeitalter der Industrialisierung
Das 19. Jahrhundert brachte mit der Einführung der Dampfschiffahrt auf der Donau (1837/38) und dem Bau der Pferdeeisenbahn als erster Schienenbahn des Kontinents von Linz nach Budweis (1832) bzw. Gmunden (1836) technische Neuerungen. Mit dem Bau der Kaiserin Elisabeth Bahn Wien - Linz - Salzburg (1856-60) bzw. Passau (1861) erfolgte der Anschluss an das bayerische Eisenbahnnetz.
Die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Industrialisierung (Schiffswerft, Lokomotivfabrik, Textilindustrie, Nahrungs- und Genussmittelindustrie) vollzog sich fernab des Stadtkerns. Der steigenden Bevölkerungszahl wurde durch Eingemeindungen (1873 Lustenau und Waldegg, 1915, St. Peter, 1919 Urfahr und Pöstlingberg, 1923 Kleinmünchen) und der Anlage des in Formen der Gründerzeit gehaltenen Neustadtviertels begegnet. Die ehemals westliche Vorstadt erhielt durch den Bau einer neuen Domkirche (Mariä-Empfängnis-Dom) einen städtebaulichen Akzent. 1880 wurde eine Pferdestraßenbahn (1897 elektrifiziert) eingerichtet, 1898 die Bahn auf den Pöstlingberg mit seiner Wallfahrtskirche als steilste Adhäsionsbahn eröffnet.
Umbrüche im 20. Jahrhundert
Am 12. Februar 1934 nahm von Linz die Aufstandsbewegung der Sozialdemokratie gegen den autoritären Kurs der Regierung ihren Ausgang, die in einen österreichweiten Bürgerkrieg einmündete. Die nochmals sprunghafte Vergrößerung des Stadtgebiets 1938 (Eingemeindung von Ebelsberg und St. Magdalena) stand mit der Absicht Adolf Hitlers im Zusammenhang, Linz zu einem Industrie-, Verwaltungs- und Kulturzentrum auszubauen. Die fortschreitende Kriegsentwicklung verhinderte den Großteil der ehrgeizigen Pläne, die nur im Bau der Industrieanlagen und bei den Wohnbauten, kaum aber bei der geplanten monumentalen Donauuferverbauung und der Prachtstraße zum Tragen kamen. Als Zentrum der Rüstungsindustrie erlebte Linz 1944/45 22 Fliegerangriffe und damit umfangreiche Zerstörungen.
Während der Besatzungszeit war Linz bis 1955 eine zweigeteilte Stadt. Das horrende Wohnungsdefizit konnte Ende der sechziger Jahre behoben werden.
Der Weg zur Industrie- und Kulturstadt
Die Nachkriegsentwicklung brachte Linz mit der Errichtung der Johannes Kepler Universität (1966), der Kunsthochschule (1973) und einer Theologischen Fakultät den lange schon angestrebten Rang einer Hochschulstadt.
Brucknerhaus (1974), Ars Electronica Center (1996), Lentos Kunstmuseum (2003) und die 2005 erfolgte Wahl zur Europäischen Kulturhauptstadt 2009 sind Ausdruck der kulturellen Ambitionen der Stadt, die sich mit ihren rund 200.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und einer Fläche von ca. 96 km2 heute als Industrie- und Kulturstadt an der Donau versteht.