Die ersten Nationalrats- und Landtagswahlen am 25. November 1945

Erstmals seit 15 Jahren konnten am „Kathreintag“, dem 25. November 1945, wieder demokratische Wahlen in der Republik Österreich stattfinden. Gewählt wurden die Abgeordneten zum Nationalrat ebenso wie die Mitglieder des oberösterreichischen Landtags. Die Ergebnisse der Nationalrats- und Landtagswahl zog die Bezirkswahlbehörde auch für die Verteilung der Mandate im Linzer Gemeinderat heran.

Die drei Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ, die von den Alliierten zugelassen worden waren, legten keine Programme für die Zukunft des Landes vor, sondern führten vor allem Diskussionen über die Vergangenheit. Da die Alliierten die Wahlordnung erst am 3. Oktober 1945 genehmigt hatten, war die Zeit zur Wahlwerbung auch gering. 

Die ÖVP verpasste sich ein Image des „Österreichertums“, das von der Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung geglaubt wurde. Außerdem verdächtigte sie die SPÖ erfolgreich, im Geheimen mit den Kommunisten unter einer Decke zu stecken. Die SPÖ thematisierte die austrofaschistische Vergangenheit vieler ÖVP-Kandidaten, die während des autoritären Regimes unter Schuschnigg wichtige Posten bekleidet hatten. Die KPÖ sollte letztendlich beim Versuch scheitern, sich als Verfechterin der Demokratie präsentieren zu wollen.

In Linz waren 76.092 Wahlberechtigte in die Wählerlisten eingetragen. Viele Kriegsgefangene waren noch nicht aus ihren Gefangenenlagern, vor allem in der Sowjetunion, zurückgekehrt. Auch die meisten ehemaligen Nationalsozialisten waren noch vom Wahlrecht ausgeschlossen. Bei der nächsten Wahl im Jahr 1949 waren es mit 102.768 bereits deutlich mehr Wahlberechtigte, auch weil nun nur noch schwer belasteten Nationalsozialisten ohne Wahlrecht waren.

Bei einer Wahlbeteiligung von 94 Prozent konnte die ÖVP 1,6 Millionen Stimmen oder 49,8 Prozent Stimmenanteil gewinnen. Auf Platz zwei folgte die SPÖ mit 1,4 Millionen Stimmen oder 44,6 Prozent Stimmenanteil. Überraschend weit abgeschlagen belegte die KPÖ den dritten Platz und musste sich mit 174.000 Wählerstimmen oder 5,4 Prozent begnügen. 

Bei den Landtagswahlen in Oberösterreich erreichte die ÖVP die absolute Mehrheit mit 59,1 Prozent. Die SPÖ folgte weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz mit 38,3 Prozent. Die KPÖ lag mit 2,6 Prozent fast unter der Wahrnehmungsgrenze.

Die hartnäckigen Gerüchte und Befürchtungen, die KPÖ könnte unter dem Einfluss der sowjetischen Besatzer einen hohen Stimmenanteil bekommen, erwiesen sich als maßlos übertrieben. Die Wahlergebnisse zeigten, dass genau das Gegenteil passiert war. Vorgefallene Plünderungen, Vergewaltigungen und andere Verbrechen der sowjetischen Besatzer schadeten der KPÖ. Es gelang ihr nicht, auf Augenhöhe mit ÖVP und SPÖ zu einer Großpartei zu mutieren.

Linz blieb, wie in den 1930er-Jahren eine „sozialistische Hochburg“, denn die SPÖ erreichte mit 59,6 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit in den 82 Wahlsprengeln. Da die Ergebnisse der Nationalrats- und Landtagswahl auch als Grundlage für die Mandate im Linzer Gemeinderat galten, übernahm die SPÖ 36 der 60 Gemeinderatssitze. Die ÖVP folgte als zweistärkste Partei mit 36,2 Prozent der Stimmen und 22 Mandaten. Die KPÖ musste hinnehmen, dass sie mit 4,2 Prozent lediglich 2 Mandate für sich beanspruchen durfte. 

Am 8. April 1946 hielt der Linzer Gemeinderat seine konstituierende Sitzung ab. Dr. Ernst Koref wurde von den Gemeinderatsmitgliedern einstimmig zum ersten Linzer Bürgermeister in der Zweiten Republik gewählt. Bereits im Mai 1945 war er von den Amerikanern zum provisorischen Bürgermeister ernannt worden. Die Eidesformel legte sich nicht mehr wie in der Zwischenkriegszeit darauf fest, den „deutschen Charakter der Stadt Linz zu wahren“, sondern bezog sich auf die Verteidigung des österreichischen Charakters.
 

Alois Hainzl über die schwierige Ausgangslage der Wahl 1945

Alois Hainzl, der damaliger Leiter des Wahl- und Einwohneramtes, erzählt über die schwierige Ausgangslage hinsichtlich der Durchführung der Wahl 1925.

Audiodatei herunterladen / im Standard-Player ihres Gerätes abspielen (MP3, 5,6 MB) (neues Fenster)

Alois Hainzl über die Materialmängel im Wahl- und Einwohneramt

Alois Hainzl, der damaliger Leiter des Wahl- und Einwohneramtes, berichtet über die Materialmängel, mit denen man bei der Wahlvorbereitung 1945 konfrontiert war.

Audiodatei herunterladen / im Standard-Player ihres Gerätes abspielen (MP3, 1,6 MB) (neues Fenster)

Alois Hainzl über die schwierige Wahllistenerstellung

Alois Hainzl, der damaliger Leiter des Wahl- und Einwohneramtes, sowie ein Besitzer des Interviews, berichten über die schwierige Erstellung der Listen der Wahlberechtigten und den dahingehenden Umgang mit den ehemaligen Nationalsozialisten.

Audiodatei herunterladen / im Standard-Player ihres Gerätes abspielen (MP3, 4,9 MB) (neues Fenster)

Stimmzettel für die Nationalratswahl 1945: Österreichische Volkspartei (ÖVP)

Der schon nach der Befreiung von Linz durch die Amerikaner provisorisch eingesetzte Bürgermeister Ernst Koref wurde durch das Wahlergebnis in seinem Amt demokratisch bestätigt.

Fotos von der Wahl in Linz aus der Ausgabe der Oberösterreichischen Nachrichten vom 26. November 1945.

OÖN Gemeinderatssitzung (PDF | 5,23 MB) Titelseite der Oberösterreichischen Nachrichten anlässlich der ersten Linzer Gemeinderatssitzung am 8. April 1946.

Merkblatt (PDF | 2,73 MB) „Merkblatt“ zur Wahl 1945 mit offiziellen Anweisungen für deren Durchführung.

Führende Funktionäre (PDF | 3,63 MB) Alle zur Wahl zugelassenen Parteien mussten in Vorbereitung der Wahlen ihre führenden Funktionäre an die Besatzungsmächte melden.

OÖN zur Wahl (PDF | 16,77 MB) Die Ausgaben der Oberösterreichischen Nachrichten vom 24., 26. und 27. November 1945.

Kundmachung (PDF | 5,41 MB) Kundmachung mit der Wahlsprengeleinteilung für die Wahl 1945.