Aecht Franck - Biographie einer Firma

Walter Schuster

Linz 2019 - ISBN 978-3.900388-95-9
244 Seiten, illustriert, EUR 33,-

Erhältlich im Buchhandel sowie im
Online-Shop der Stadt Linz

Das Buch handelt vom Aufstieg der 1828 im deutschen Württemberg gegründeten Firma Heinrich Franck zum international bedeutenden Konzern „Heinrich Franck Söhne“ bzw. "Franck und Kathreiner“. Hauptprodukt des Familienbetriebes war lange Zeit Kaffeeersatz aus Zichorie. Die Firma prosperierte beinahe 150 Jahre lang und verhalf ihren Eigentümern und Eigentümerinnen zu großem Reichtum. Die Führungskräfte und der innerhalb und außerhalb der Fabrikanlagen herrschende „Franck-Geist“ sorgten für den unverwechselbaren Charakter des Unternehmens.

Ausstellung zum Buch "Aecht Franck - Biographie einer Firma"

Aus dem Inhalt

Die 1828 im deutschen Württemberg gegründete Firma Heinrich Franck stieg zum international bedeutenden Konzern „Heinrich Franck Söhne“ auf. Zu den bedeutendsten Einzelunternehmen zählten die deutsche Muttergesellschaft in Ludwigsburg und die österreichische Gesellschaft mit Sitz in Linz sowie die Schweizer Firma Thomi & Franck in Basel. Die österreichische Gesellschaft   war im Jahr 1879 nicht nur die älteste Auslandsgründung von „Heinrich Franck Söhne“, sondern auch Ausgangspunkt für weitere Firmengründungen in Österreich-Ungarn und Rumänien. Hauptprodukt des Familienbetriebes war lange Zeit Kaffeeersatz aus Zichorie, der veredelten Form der in Europa heimischen Wegwarte. Für die Kaffeeherstellung wurden die Wurzeln gewaschen, „geschnitzelt“ und in Trockenöfen getrocknet. Nach dem Röstvorgang wurden die Zichorien zu Mehl vermahlen. Dieses Zichorienmehl wurde verpackt oder lose verkauft. Der Aufstieg der Zichorien-Industrie erfolgte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der wachsenden Industriearbeiterschaft. Der Konsum von Genussmitteln sollte helfen, die langen Arbeitszeiten zu überstehen. Statt der vor allem am Land üblichen Morgensuppe wurde nun die „Kaffeesuppe“ aus Kaffeeersatz, Milch und Zucker gegessen.

Der „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich hatte zur Folge dass die österreichischen Betriebe von Franck und Kathreiner den Unternehmen in Deutschland unterstellt wurden. Die Firma Franck sah nun die große Chance noch weiter zu expandieren, auch in jene Länder, die von der deutschen Wehrmacht erobert worden waren. So entstanden die Pläne für neue Werke in der Ukraine. Schließlich erfolgte auch – mit Wirkung vom 1.1.1944 – der Zusammenschluss der beiden großen, bisher nur durch eine Holding verbundenen Kaffeemittelfirmen zu „Franck und Kathreiner“.
 

Mehrere Mitglieder der Firma Franck waren gegenüber dem Nationalsozialismus positiv eingestellt oder sahen zumindest keine Alternative, als die Ansprüche der NS-Machthaber zu erfüllen. Auch Franck setzte – etwa in Linz – Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ein. Einzelne Hinweise deuten darauf hin, dass diese besser als anderswo behandelt wurden.
 

Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Firma und Kathreiner vor der Herausforderung, sich mit anderen großen international agierenden Nahrungsmittelkonzernen – die über eine breite Produktpalette verfügten – zu messen und neue Produktideen zu entwickeln. 

Altbewährte Produkte wie Zichorienkaffee, Getreidekaffee und Feigenkaffee konnten an ihre Blütezeit vor dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr anschließen, nur die Kaffeemittelmischungen erreichten vorerst noch steigende Absatzzahlen. Die für Kriegszeiten vorgesehene Sorte „Linde´s“ – seit 1947 „Linde“ – Kaffee-Ersatzmischung entwickelte sich zur Hauptmarke des österreichischen Kaffeemittelmarktes, da sie bereits gemahlen und kochfertig war und nicht mehr aus verschiedenen Produkten zusammengemischt werden musste. Als stark verkaufsfördernd für den Linde-Kaffee erwies sich die Beigabe von Spielzeugfiguren aus Kunststoff.

Nach 1945 war Franck und Kathreiner die unbestrittene Nummer eins der Kaffeemittelhersteller in Österreich vor der Imperial Feigenkaffee-Fabrik in Wien. Am dritten Platz lag die Titze-Andre Hofer AG, die Schwesterfirma von Franck und Kathreiner. Weitere Produzenten waren die Firma Meinl, die Konsumgenossenschaft und die Welser Firma „Welsa“. Linz und Wien waren die Zentren der Kaffeemittelerzeugung in Österreich.

Ab 1946 gelang auch mit der Kaffeemittelmischung „Mokka-Linde“, die 37,5 Prozent Bohnenkaffee enthielt, ein großer Erfolg. Nach einem verlorenen Prozess musste jedoch der Name im Jahr 1952 praktisch über Nacht geändert werden und hieß daraufhin „Melanda“. Im Jahr 1962 kamen aber die billigsten Bohnenkaffeesorten bereits dem günstigen Preis von Melanda gefährlich nahe.

In den 1960er-Jahren waren die neueren Instantprodukte „Inca“ und „Incarom“ sowie die relativ junge Bohnenkaffeemarke „Khavana“ zu „Mitläufermarken“ geworden und die „Ertragsmarken“ des Stammgeschäftes wie „Linde“, „Melanda“ und „Kathreiner“ hatten ihre beste Zeit hinter sich. Die neuen Marken wie „Doro Bohnenkaffee“, „Caro“ und „Thomy Mayonnaise“ erwiesen sich nicht als so erfolgreich wie erhofft. Mit 1. Jänner 1967 wurden die bis dahin getrennt arbeitenden Vertriebsorganisationen von Franck und Titze zusammengelegt und Franck und Kathreiner übernahm auch den Verkauf des gesamten Titze-Sortiments.
 

Trotz vieler Erfolge und positiver Ertragslage fehlte es dem Firmenkomplex Franck und Kathreiner an langfristigen Zukunftsstrategien. An diesem Beispiel werden die grundlegenden Entwicklungen dieses Industriezweigs, aber auch die Änderungen der Ernährungs- und Einkaufsgewohnheiten in den Industrieländern deutlich, die dazu führten, dass die reine Kaffeemittelbranche keine wesentliche Rolle mehr spielte. Im Vergleich mit dem großen Mitbewerber Nestlé und seiner Produktvielfalt konnte sich die Firma nicht dauerhaft behaupten und wurde schließlich im Jahr 1971 sukzessive von Nestlé übernommen. Die Fusion zwischen Nestlé und Franck & Kathreiner in Österreich erfolgte mit dem Verschmelzungsvertrag vom 22. Juni 1973. Zu diesem Zeitpunkt waren keine männlichen Träger des Namens Franck mehr vorhanden, die Visionen und Strategien für eine erfolgreiche Weiterführung der Firma hätten entwickeln können.

1879 startete die Produktion von Franck in Linz in einer nie in Betrieb gegangenen Waggonfabrik an der heutigen Franckstraße. Im April 1881 wurde das Fabrikareal durch die gegenüberliegende Spodium-Fabrik erweitert. Im Frühjahr 1882 begann der Zichorienanbau in Oberösterreich und 1883 erwarb die Firma Franck die Linzer Bauernhöfe Hummelhof und Spallerhof für weitere Zichorienfelder.
1880 arbeiteten bereits 181 Beschäftigte für Franck. In Spitzenzeiten waren 600 Personen für das Franck-Unternehmen tätig, das damit zu den größten Industriebetrieben in Linz zählte. 1883 übernahm der jüngste Sohn des Firmengründers, Carl Franck, die Linzer Firma und leitete sie bis 1919.

Von Beginn an war die Firmenpolitik durch viele freiwillige Sozialleistungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekennzeichnet. Ein firmeneigener Kindergarten wurde bereits 1896 errichtet.

Schon in den 1880er-Jahren begann die Firma Franck für ihre Bediensteten   eigene Wohnhäuser zu errichten. Nördlich des Fabrikareals entstand ein eigenes Stadtviertel, das vor allem aus Franck-Gebäuden bestand. Die Keimzelle des Viertels bildete ein Grundstück an der Khevenhüllerstraße, wo im April 1887 ein Beamten-Wohnhaus entstehen sollte. Nach dem Ankauf von weiteren Grundstücken an der Khevenhüllerstraße konnten Gustav und Carl Franck noch im Sommer 1887 den Bau von Arbeiterwohnungen in Auftrag geben. Vor dem Ersten Weltkrieg entstanden mehrere Franck-Gebäude mit unterschiedlichen Wohnungstypen an der Khevenhüllerstraße, Goethestraße, Liststraße, Kinderspitalstraße und an der Wüstenrotstraße.

Alleine durch den Umbau des Grünauerhofes an der Goethestraße konnten sieben Wohnungen im Erdgeschoß und fünf im ersten Stock gewonnen werden. Südöstlich von der Fabrik gelegen, wurden im Frühjahr und Sommer 1914 an der Zeppenfeldstraße ein Beamten-Wohnhaus mit zwei Wohnungen und ein Arbeiter-Wohnhaus mit vier Wohnungen errichtet.

Zum 25-jährigen Firmenjubiläum im Mai 1904 ernannte die Stadt Linz Carl Franck zum Ehrenbürger. Ein Jahr später beschloss der Linzer Gemeinderat, die Verlängerung der Khevenhüllerstraße – an der auch die Franck-Fabrik lag – nach Carl Franck zu benennen. Als der Unternehmer Carl Franck im November 1926 starb, kondolierte Bürgermeister Josef Dametz der Witwe persönlich.

Im Jahr 1919 übernahm der Neffe von Carl Franck, Walter Franck, die Führung der österreichischen Firma, die er bis 1939 leitete. 1957 verlieh ihm Bürgermeister Ernst Koref den Großen Ehrenring der Stadt Linz. Von 1939 bis zu seinem Tod im Jahr 1958 stand Hermann Wilhelm Breyer, der von einer Franck-Tochter abstammte, an der Spitze des Linzer Betriebs.

Gemeinsam war den Linzer Mitgliedern der Familie Franck ihr Engagement für die evangelische Kirche in Linz und Oberösterreich. Darüber hinaus erwiesen sich die Francks als große Förderer der Stadt Linz in vielen sozialen und kulturellen Angelegenheiten. Die einstige enge Verbindung zwischen der Familie Franck und der Stadt Linz zeigt sich noch heute in den Benennungen Franckviertel, Franckstraße und den Franckanlagen auf dem Freinberg.