Alltag im zerstörten Linz - Ernährung und Versorgung

Trotz umfassender Zerstörungen durch die Luftangriffe sowie den kriegsbedingten Rationierungen von Gütern des täglichen Bedarfs konnte bis Kriegsende die Versorgung der Bevölkerung mit dem Notwendigsten aufrechterhalten werden. Mit der Übernahme der Stadt durch die amerikanische Armee wurden die Versorgungskanäle unterbrochen und die Verteilung der Güter konnte nicht mehr fortgesetzt werden. Hinzu kam, dass die noch vorhandenen Lebensmittel in den ersten Nachkriegstagen Plünderungen durch befreite Lagerarbeiter und ehemalige KZ-Häftlinge zum Opfer fielen. Die amerikanischen Soldaten konnten, oder vielmehr wollten, das nicht verhindern. Dadurch waren große Bestände an Vorräten für die Allgemeinheit verloren und die Stadtverwaltung hatte große Schwierigkeiten, die Bevölkerung zu ernähren. Um die Koordinierung der Versorgung gewährleisten zu können, waren eigene städtische Dienststellen im Einsatz, unter anderem das Ernährungsamt, das Wirtschaftsamt, das Marktamt sowie das Ernährungshilfswerk, der Schlachthof und die städtischen Küchen. Vor allem in den ersten Nachkriegswochen und -monaten konnte die größte Katastrophe nur verhindert werden, weil auf Anordnung des Bürgermeisters Ernst Koref eine Suppenaktion ins Leben gerufen wurde, die täglich bis zu 35.000 Portionen an die hungernde Bevölkerung abgeben konnte. Erschwerend kam hinzu, dass auch die vielen ausländischen Menschen, die sich zu dieser Zeit in Linz befanden, auf Anweisung der amerikanischen Besatzungsbehörde zu versorgen waren, was wöchentlich zehntausende zusätzliche Portionen bedeutete.

Umso wichtiger war es, dass die Eigenproduktion von Lebensmitteln so schnell als möglich wieder angekurbelt wurde. Schon Mitte Mai konnte die Produktion von Fleisch im Städtischen Schlachthof wieder aufgenommen werden. Kurz davor waren auch die dortigen Vorratslager unter Duldung der amerikanischen Bewacher geplündert worden. Die Produktion betrug in der Anfangszeit immerhin bereits 30.000 bis 40.000 kg Fleisch pro Woche, wobei in der ersten Nachkriegszeit auf Grund der vielen herrenlosen Pferde der Wehrmacht ein größerer Anteil Pferdefleisch darunter war.

Die Verteilung der Lebensmittel sowie anderer Güter übernahmen bereits in Kriegszeiten (ab 1940) das Ernährungsamt und das städtische Wirtschaftsamt. Ersteres war für die Ausgabe der Lebensmittelkarten, Raucherkarten sowie anderer Bezugsscheine zuständig und führte die Arbeit auch nach dem Krieg weiter. An insgesamt zwölf über das Linzer Stadtgebiet verteilten Ausgabestellen konnte sich die Bevölkerung ihre Scheine abholen, deren Zuteilung nach einem zuvor erhobenen Schlüssel erfolgte. Auch für die Versorgung der Heime und Lager mittels Bezugsscheinen war das Ernährungsamt zuständig.

Das Wirtschaftsamt wiederum kümmerte sich um die Verteilung sonstiger Güter, von Brennstoffen über Seife bis hin zu Fahrrädern. Daneben fiel auch die Erfassung der neuproduzierten Produkte sowie die Verarbeitung und Verteilung des gesammelten Altmaterials in den Aufgabenbereich dieser Verwaltungsstelle. 

Da der Verwaltungsaufwand dieser Ämter besonders in den ersten beiden Jahren nach Kriegsende enorm hoch war, waren in dieser Zeit fallweise bis zu 500 Personen beschäftigt. Die Vergabe der Karten wurde monatlich evaluiert und vor allem 1946/1947 war es ohne entsprechende Karten unmöglich, irgendetwas legal zu kaufen. Der Schwarzmarkt boomte in dieser Zeit umso mehr. Erst Ende 1948 war die Lage so weit stabil, dass man die beiden Ämter zusammenlegen und den Personalstand reduzieren konnte. Ab 1953 wurde das dadurch entstandene Bewirtschaftungsamt gänzlich aufgelöst, da sich die wirtschaftliche Lage in der Stadt so weit gebessert hatte, dass die Kartenausgabe eingestellt werden konnte.

Dokumente aus dem Archiv

Die folgenden Interviews wurden im Jahr 1965 vom damaligen Archivdirektor Wilhelm Rausch in Vorbereitung auf die Ausstellung "Linz 1945" geführt und aufgezeichnet.

Interview mit dem damaligen Angestellten des Wirtschafts- und Ernährungsamtes Alois Hainzl

Erinnerungen des Oberamtsrates Alois Hainzl und einer weiteren, unbekannten Person zur Verpflegung vor und nach dem Krieg und der Ausgabe von Lebensmittelkarten.

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Interview mit dem damaligen Angestellten des Wirtschafts- und Ernährungsamtes Alois Hainzl

Oberamtsrat Alois Hainzl spricht über die Plünderungen sowie die Versorgung der Bevölkerung, insbesondere der Kriegsheimkehrer, durch die Volksküchen.

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Interview mit Otto Zich, ehemaliger NS-Ratsherr, über die Plünderungen der Lebensmittel nach dem Krieg

Der ehemalige NS-Ratsherr Ing. Otto Zich erinnert sich an die Plünderungen in den ersten Nachkriegstagen- und wochen in Linz.

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Interview mit Alois Mühlberger, ehemaliger Leiter der Überwachungsstelle des Wirtschafts- und Ernährungsamtes, über die Versorgungslage in Linz

Oberamtsrat Alois Mühlberger spricht über die Versorgungslage der Bevölkerung in Linz vor und nach dem Kriegsende.

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Vor allem in den allerersten Monaten nach Kriegsende war die Versorgungslage in Linz katastrophal. Um die ärgste Not der Menschen zu lindern, wurden täglich tausende Portionen Suppe und Eintopf in der Städtischen Volksküche ausgegeben.

Auch in den Schulen versuchte man, nachdem ab September 1945 das Schuljahr wieder losgegangen war, die Ernährung der Kinder sicherzustellen. Das Bild zeigt die Schulausspeisung der Goetheschule 1946.

Besonders beliebt bei den Kindern machte man sich mit Süßigkeiten, die besonders rar waren. Auf dem Bild zu sehen ist ein amerikanischer Militärgeistlicher beim Verteilen der kostbaren Süßwaren.

Die Kundmachung der Ausgabetage für Lebensmittelkarten und anderer Bezugsscheine erfolgte gerade in der ersten Nachkriegszeit über Plakataushänge.

Eines der frühesten Memoranden des Stadtkommandanten Major Elias Liakos betraf die unrechtmäßige Ausgabe von Lebensmittelkarten an Nichtösterreicher. Diese würden, so Liakos, ausnahmslos über die entsprechenden Lager versorgt.