Tabakfabrik
ÖFFENTLICHE GEBÄUDE
Standort: Gruberstraße 1
Stadtteil: Kaplanhof
Datierung: 1935
Im September 1930 wurde mit den Arbeiten an der eigentlichen Zigarettenfabrik an der Ludlgasse begonnen. Der sechsgeschossige, 227 m lange und 16,5 m breite Haupttrakt mit 30.000 m² Nutzfläche besteht im Kern aus einem 3000 Tonnen schweren Stahlgerippe, das unter der Oberleitung der Waagner-Biró AG montiert wurde. Das Stahlgerüst erhielt eine 38-cm-Hohlziegel-Ummauerung ohne tragende Funktion, aber mit wärmetechnischen und architektonischen Aufgaben. Der an der Südfassade betont horizontale Charakter der Fassade resultiert wesentlich aus den plan in der Außenmauer sitzenden Fensterbändern.
In den beiden obersten Geschossen ist die Höhe der Fensterbänder um eine Sprosseneinheit reduziert. Dadurch wird eine einheitliche Höhe der Fensterbänder suggeriert. Alle Fensterprofile erhielten einen blaugrünen Anstrich. Der Sockel ist durchgängig mit roten Klinkern verkleidet, die Gesimse bestehen aus Steinmetzmäßig bearbeitetem Beton, der Edelputz des Mauerwerkes wurde händisch mit der Kelle aufgezogen.
Um das fließende System nicht zu unterbrechen sind die zwei Stiegenhäuser an den Kopfenden des Gebäudes und weitere zwei hofseitig an der Nordfassade angebaut. Diese geben dem langen schmalen Trakt in der Vertikalen Halt.
Das Gebäude der Pfeifentabakfabrik an der Donaulände entspricht in der Ausführung im wesentlichen der Zigarettenfabrik. Dem rechteckigen, fünfgeschossigen Haupttrakt ist am östlichen Ende ein diesen überragender, an der Straßenfront zurückspringeder Turmbau mit dem Stiegenhaus sowie den Aufenthalts- und Sanitärräumen angebaut. Der Turm wird nur mit seinem Stiegenhausteil bis zum Erdgeschoss geführt und bildet straßenseitig einen halbrunden, zum Teil verglasten und zum Teil ornamentierten Erker aus, der zwei Fabrikseinfahrten voneinander trennt.
Geschichte
Die Tabakfabrik wurde 1850 als so genannte Notstandsmaßnahme nach der Einstellung der Wollzeugfabrik gegründet. Als erstes Produktionsgebäude übernahm die Tabakfabrik die von 1764 stammende "Zweite" Färberei östlich des Hauptgebäudes samt der dort vorhandenen 20-PS-Dampfmaschine. Von 1855 bis 1902 wurden zahlreiche Erweiterungsbauten errichtet. Nach kontinuierlicher Produktionssteigerung erfolgte 1928 der Beschluss zum Neubau als Ersatz für den insgesamt veralteten und technisch unzulänglichen Baubestand. Den Auftrag erhielt das renommierte Wiener Architekturbüro Peter Behrens und Alexander Popp. Die Tabakfabrik ist Behrens letzter großer Fabrikbau und zugleich sein erster Entwurf im Sinne des Funktionalismus und der "Neuen Sachlichkeit". Nach der geschwungenen Linienführung des Grundstücks im Süden bis zur Ludlgasse richtete sich das neue Fabrikgebäude aus. Nicht zuletzt wegen finanzieller Schwierigkeiten erfolgte der Neubau in mehreren Phasen. Am 12. November 1935 wurde die Tabakfabrik feierlich eröffnet. Die Abrechnung ergab eine Bausumme von 25 Millionen Schilling. Mit rund tausend Beschäftigten war es im Neubau während des Zweiten Weltkrieges möglich, pro Jahr etwa fünf Milliarden Zigaretten zu erzeugen.
1982 errichtete die Tabakregie einen Gebäudekomplex mit Verwaltung, Verkaufslager, Endverpackung und vollautomatisiertem Palettenlager. Es wurde zwar versucht, die Neubauten farblich auf den Baubestand abzustimmen, die Beton-Fertigteilarchitektur bedeutet jedoch eine Qualitäts-Zäsur.
Quelle: Österreichische Kunsttopographie, Band LV Die profanen Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Linz, III. Teil. Herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Abteilung für Inventarisation und Denkmalforschung.